3 Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erstattet im Auftrag der ARD, des ZDF und Deutschlandradio von Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, Bundesverfassungsrichter a. D., Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Heidelberg, April 2010 Quelle dieses Dokuments: http://www.ard.de/download/398406/index.pdf Wichtiger Hinweis: Die originale PDF-Datei habe ich aus obiger Quelle gezogen und mit einem Web-Editor in eine nutzerfreundliche HTML-Datei mit Lesezeichen umgewandelt. Aus Vereinfachungsgründen habe ich die in der Quell-Datei enthaltenen Literaturverweise entfernt. Diese können bei Interesse leicht in der Quell-Datei eingesehen werden. Von mir farblich hervorgehobene Text-Passagen halte ich für wichtig. Ganz unten habe ich einen kurzen eigenen Kommentar zu diesem Gutachten eingefügt. Hier zum Kommentar
Inhalt A. Der Reformbedarf I. Das geltende Konzept der Rundfunkfinanzierung Die Rundfunkanstalten bieten mit ihren Programmen eine „allgemein zugängliche Quelle“ der Information, aus der sich ungehindert zu unterrichten jedermann das Recht hat (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG)1. Der Rund-funk erfüllt den klassischen Funktionsauftrag, allgemein zu informieren und zu unterhalten, an der privaten und politischen Meinungs- und Willensbildung mitzuwirken, eine kulturelle Verantwortung wahrzunehmen. Der Empfänger der Rundfunksendungen hat jedoch keinen Anspruch auf unentgeltlichen Empfang. Vielmehr kann der Empfänger gesetzlich zu einer Geldleistung ohne Rücksicht auf seine Nutzungsgewohnheiten verpflichtet werden. Diese Rundfunkfinanzierung „unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen“ erlaubt ein Programmangebot, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher Vielfalt und willentlicher Offenheit entspricht. In der Gewährleistung dieser Rundfunkautonomie und in der Sicherstellung einer entwicklungsoffenen Versorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System rechtfertigt sich die Abgabenfinanzierung des öffentlichen Rundfunks. Ursprung der ö.r. Rundfunkabgabe war eine Postgebühr, ein Entgelt für die Erlaubnis zur Errichtung und zum Betrieb eines Rundfunkgerätes, die an die Post, nicht an die jeweilige Rundfunkgesellschaft zu entrichten war. Die Post verteilte das Gebührenaufkommen nach Abzug eines Eigenanteils an die Rundfunkgesellschaften. Erst 1970 trat ein landesrechtliches System eigenständiger Rundfunkfinanzierung in Kraft, nach dem die vermutlichen Nutzer der Rundfunkprogramme zur Finanzierung der Rundfunkveranstalter beitragen. Als Abgabenschuldner bestimmt das Rundfunkrecht denjenigen, der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dauernd, aber unkontrolliert das Angebot von Rundfunkprogrammen nutzt. Die Pflicht zur Zahlung dieser Abgabe knüpft an das Bereithalten eines Hörfunkempfanggeräts und eines Fernsehgeräts, schließt dabei auch neuartige Rundfunkempfanggeräte ein, insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können. Diese Abgabe soll die Rundfunkfinanzierung weitgehend vom ökonomischen Markt abkoppeln und dadurch sichern, dass das Programm unabhängig von Einschaltquoten entwickelt und gestaltet werden kann. Diese Abgabe wird traditionell - in der Folge der Postgebühr - als „Rundfunkgebühr“ bezeichnet. Dabei ist bewusst, dass diese „Nutzungsgebühr mit Beitragscharakter“ unabhängig vom tatsächlichen Empfang einer Sendung entsteht. Die Abgabe entgilt das Angebot, nicht den Empfang von Rundfunksendungen. Diese Rundfunkabgabe ist die Hauptfinanzierungsquelle des öffentlichen Rundfunks. Das Grundgesetz schließt daneben andere Finanzierungsquellen nicht aus. Doch bedarf es der fortwährenden Überprüfung, wie weit die Teilfinanzierung über Werbung und Sponsoring zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Werbewirtschaft drängt und damit die innere Unabhängigkeit des Rundfunks gefährdet. Eine Finanzierung außerhalb des Abgabenrechts begründet die Gefahr, dass das Rundfunkprogramm zunehmend auf Massenattraktivität ausgerichtet wird und damit eine „Erosion der Identifizierbarkeit ö.r.r Programme“ droht. Auch bei der Entscheidung über die Rundfunkfinanzierung hat der Gesetzgeber Vorsorge dafür zu treffen, dass der ö.r. Rundfunk seine Funktion unbeeinflusst von jeglicher Indienstnahme für außerpublizistische Zwecke, seien sie politischer oder ökonomischer Natur, erfüllen kann. II. Unzulänglichkeiten der geltenden Rundfunkabgabe 1. Verlust der Normwirklichkeit a. Empfangsgerät als Indiz vermuteter Rundfunknutzung ? Die Rundfunkabgabe stößt von Anfang auf Kritik. Die rechtspolitischen Bedenken verdichten sich aber zu einer verfassungsrechtlichen Grundlagenkritik, nachdem dank der technischen Entwicklung Rundfunk über Geräte mit Mehrfachfunktion und fast beliebiger Transportierbarkeit empfangen werden kann, diese Geräte deshalb kein verlässliches Indiz für die Empfangsgemeinschaft eines Haushalts oder einer Betriebsstätte mehr sind. Die bisherige Rundfunkgebühr beruht auf der Vorstellung, dass ein Radio und ein Fernsehgerät den Informationsmittelpunkt eines Haushalts bilden, die Haushaltsmitglieder diese Informationsquelle nutzen und sich daraus alle allgemein verfügbaren Rundfunk- und Fernsehprogramme erschließen. Weitere Zusatzgeräte in diesen Haushalten fallen nicht ins Gewicht. Dementsprechend werden bei Haushalten für das Bereithalten eines Radios eine „Grundgebühr“ in Höhe von 5,76 EUR erhoben, bei Besitz eines Fernsehers eine „Fernsehgebühr“ von 17,98 EUR. Zweitgeräte sind abgabenfrei. Diese Abgaben begründen 91 Prozent des gesamten Rundfunkabgabenaufkommens. Im gewerblichen Bereich ist grundsätzlich jedes Gerät gebührenpflichtig. In Ausnahmefällen, z. B. für Hotels und gewerbliche Ferienwohnungen, werden Entlastungen gewährt. Im Regelfall beträgt die Grundgebühr ebenfalls 5,76 EUR, die Fernsehgebühr 17,98 EUR. Doch die Nutzung der Internet-PCs und der Handys ist heute insbesondere bei jungen Menschen zum Alltagsmedium für den Empfang von Radio- und Fernsehprogrammen geworden. Auch Geschäfts- und Wissenschaftscomputer werden alltäglich als Informationsquelle genutzt. Diese Geräte sind meist leicht transportabel, werden oft als ein weiteres Zusatzgerät, auch neben dem Rundfunkempfang in Vielfachfunktion für Haushalt, Erwerb, Wissenschaft, Spiel und Freizeit genutzt. Das Empfangsgerät bietet deshalb immer weniger einen Anknüpfungstatbestand, um die vermutete Fernsehnutzung in der Gemeinschaft von Haushalt und Erwerb zu erfassen. b. Herkömmliche und neuartige Geräte „Neuartige Rundfunkempfangsgeräte“ - Computer, moderne Mobilfunktelefone oder Personaldigitalassistants (PDAs) - werden in der Regel nur mit Abgaben belastet, wenn keine anderen Geräte bereitgehalten werden. Es wird nur die „Grundgebühr“ von 5,76 EUR erhoben. Diese Praxis erklärte sich damals aus der Tatsache, dass über Internet noch kein ausreichender Fernsehempfang möglich war. Die Unterscheidung zwischen herkömmlichen Empfangsgeräten - mit einem Rundfunkempfangsteil - und „neuartigen Geräten“ - mit Empfang über konvergente Plattformen (Internet, UMTS-Technologie) - lässt sich aber nicht mehr aufrechterhalten. Ob z. B. ein Handy Rundfunk über ein eingebautes UKW-Empfangsteil oder über die UMTS-Technologie empfangen kann, lässt sich kaum noch überprüfen. c. Sonstige Unterscheidungen Zunehmend wird sich auch die Unterscheidung zwischen einer Grund- und einer Fernsehgebühr in der technischen Entwicklung zu multifunktionalen, konvergenten Endgeräten im Nebel der Mehrfachfunktion dieser Geräte verlieren. Die moderne Technik pflegt nicht die Alternativität von Hörfunk und Fernsehen. Die Abgrenzung zwischen Haushalten und gewerblichen Nutzern, die insbesondere wegen der Zweitgerätefreiheit beim Haushalt erheblich ist, wird insbesondere fragwürdig, wenn der Abgabentatbestand des Empfangsgerätes in einem Kraftfahrzeug oder anderen transportablen Geräten erfüllt wird, das zu privaten und zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Andererseits erfasst die an den Besitz eines Empfangsgerätes anknüpfende Abgabenpflicht zunehmend auch Geräte, die technisch zum Rundfunkempfang genutzt werden können, aber nicht auf diesen Empfang angelegt sind und auch tatsächlich dazu nicht genutzt werden. Hier trägt das Gerät allenfalls schwach eine Nutzungsvermutung. Damit verfolgt das bisherige Rundfunkabgabenrecht zwar zutreffend den Grundgedanken, dass Haushalte und Gewerbebetriebe die typischen Empfangsorte für Rundfunksendungen sind. Die typisierende Vermutung der Empfangsfähigkeit verfehlt zunehmend die Rechtswirklichkeit, weil das Empfangsgerät moderner Technik nicht mehr raumgebunden ist, Hörfunk- und Fernsehempfang kaum noch in technischer Alternativität erlebt werden, im übrigen ein leicht bewegliches Gerät sich kaum mehr verlässlich einem Haushalt oder einem Gewerbebetrieb zuordnen lässt. Das Empfangsgerät ist immer weniger ein geeigneter Anknüpfungspunkt, um eine Rundfunkabgabe bei denjenigen zu erheben, die das Sendeangebot der ö.r. Rundfunkanstalten als allgemeine Informationsquelle nutzen können. 2. Der Empfang eines Programmangebotes Wenn der Rundfunk in Unabhängigkeit von Einschaltquoten und ohne Ausrichtung des Programms auf Massenattraktivität finanziert werden soll, Abgabentatbestand also das Programmangebot, nicht der tatsächliche Programmempfang ist, hat die in einem Massentatbestand übliche Typisierung diesen Tatbestand der Empfänger des ö.r. Programmangebots sachgerecht zu verallgemeinern. Der Gesetzgeber hat sich dabei am Regelfall zu orientieren, muss eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungstatbeständen einschließende Beobachtungsperspektive entwickeln. a. Gerät oder Person Rechtfertigender Grund für die Rundfunkabgabepflicht ist die vom Rundfunk eröffnete allgemein zugängliche Quelle, die für den Inhaber der Informationsfreiheit ungehindert erreichbar ist (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Adressat des Rundfunkangebots und dementsprechend Abgabepflichtiger ist grundsätzlich der Mensch, den das Rundfunkangebot üblicherweise erreicht. Dieser normative Ausgangsbefund, das Rundfunkangebot wende sich an den Menschen, muss deshalb grundsätzlich auch im Menschen und nicht in den Empfangsgeräten tatbestandlich erfasst werden. Diese auf den Menschen bezogene Nutzungsvermutung entspricht auch der tatsächlichen Erfahrung. Wenn ein Stadtplaner feststellen will, wie viel Menschen das Angebot eines öffentlichen Weges erreicht, wird er die Zahl der im Umfeld dieses Weges lebenden Menschen ermitteln, nicht deren Schuhe zählen. Wenn ein Werbeunternehmen erfahren will, wie viel Menschen seine in Printmedien verbreitete Werbeaktion erreicht, wird es feststellen, wie viel Menschen ihre Werbebotschaft lesen können; wie viele Zeitungen diese Leser abonnieren, ist uninteressant. Wer eine Fremdenverkehrsabgabe erheben will, wird die Personen belasten, denen der Kurbetrieb der Gemeinde einen unmittelbaren oder mittelbaren besonderen wirtschaftlichen Vorteil anbietet, tatbestandlich aber nicht die Vielzahl der Sportgeräte zählen, die der Kurgast in den Kurpark mitgebracht hat. Der Anliegerbeitrag zieht den Anlieger wegen der Nachbarschaftslage seines Grundstücks zu Erschließungskosten einer öffentlichen Straße heran, ohne zu prüfen, wie viel Kraftfahrzeuge der Anlieger besitzt, um mit diesen die neu erschlossenen Parkplätze nutzen zu können. b. Der Empfänger des Angebots: Einzelperson oder Gruppe Bemisst somit eine öffentliche Abgabe, die ein Leistungsangebot entgelten soll, die Abgabenlast grundsätzlich nach der Person des Angebotsempfängers und nicht nach den Gerätschaften, mit denen er das Angebot nutzen kann, so stellt sich die weitere Frage, ob die Abgabe die einzelne empfangende Person oder die empfangende Gruppe trifft. Der Abgabengesetzgeber kann im Rahmen seines Entscheidungsraumes über die entwicklungsoffene und bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlichen Rundfunks bestimmen, dass er die Abgaben jeweils nach den Gruppen bemisst, in denen Hörfunk- und Fernsehsendungen üblicherweise empfangen werden. Wenn er dabei feststellt, dass trotz der technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie der Entwicklung der Medienmärkte jeder Privathaushalt grundsätzlich eine Gemeinschaft unterschiedlichen, sich in der Verschiedenheit der Empfangsgewohnheiten ausgleichenden Empfangs bildet, außerdem jede Betriebsstätte typischerweise von dem Sendeangebot der Rundfunkanstalten erreicht wird, so ist dieses eine sachgerechte, jedenfalls verfassungsrechtlich vertretbare Entscheidung. Dieser tatsächliche Befund wird auch normativ gestützt. Der Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen in der Gemeinschaft eines Haushalts ist rechtlich erwünscht, weil die Eltern im Rahmen ihrer Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 GG) das Rundfunkangebot zusammen mit ihren Kindern annehmen, sie auch die Programmangebote jeweils für die verschiedenen Familienmitglieder differenzieren sollen, der freiheitliche Sozialstaat (Art. 20 Abs. 1 GG) außerdem nahelegt, dass das Rundfunkangebot von der Haushaltsgemeinschaft gemeinsam zur Lebensgestaltung auch der Kranken, der Altersgebrechlichen, der Arbeitslosen oder der sonst besonders schutzbedürftigen Haushaltsmitglieder genutzt wird. Auch die Erwerbsgemeinschaft eines Betriebes schafft bei typisierender Betrachtungsweise einen Adressaten des Empfangsangebots. Zwar steht die Erwerbstätigkeit einem Rundfunk- und Fernsehempfang oft entgegen. Doch die Nutzung der Programmangebote in den Pausen, bei der humanen Gestaltung von Massenfertigungen, bei der Ausstattung der Firmenfahrzeuge, bei Nutzung der Multifunktion von Handys und PC, bei der Beschaffung betrieblichen Wissens gehört zu den typischen Betriebsabläufen und Organisationsstrukturen eines Gewerbebetriebes. Im Ergebnis trifft der Gesetzgeber deshalb eine sachgerechte, gut vertretbare Entscheidung, wenn er die privaten Haushaltungen und die Betriebsstätten mit der Rundfunkabgabe belastet und diese Abgabe dementsprechend bemisst. Nicht mehr zeitgerecht hingegen erscheint es jedenfalls unter den gegenwärtigen Bedingungen moderner Medienentwicklungen, die Bemessungsgrundlage der Abgabe auf die Empfangsgeräte auszurichten. Die Zahl und die Beschaffenheit der modernen Empfangsgeräte sind für das entgeltwürdige Leistungsangebot der ö.r. Rundfunkanstalten fast ohne Aussagewert. 3. Das strukturelle Erhebungsdefizit Die Diskrepanz zwischen einer geräteabhängigen Rundfunkabgabe und einer haushalts- und betriebsbezogenen Empfangsrealität hat zur Folge, dass die innere Überzeugungskraft der bisherigen Rundfunkabgabe ständig sinkt. Die Zahl derer, die das Rundfunkangebot annehmen, ohne Abgaben zu zahlen, sinkt. Die jüngste Schätzung beobachtet eine noch steigende Zahl der Haushalte (aufgrund geringer Haushaltsgröße), aber dennoch eine Verringerung der Teilnehmerdichte. In den Großstädten liegt die Teilnehmerdichte noch deutlich unter dem Durchschnitt der ARD (in den Städten Berlin, Frankfurt/M., München, Stuttgart zwischen 76,9 und 78,5 %). Das bedeutet, dass auch eine große Zahl junger Menschen, die bei der Rundfunkabgabe erstmals zum Schuldner eines Dauerabgabenrechtsverhältnisses werden, dieses mit dem Erlebnis der Illegalität beginnen. Dieser Sachverhalt muss rechtsstaatlich nachdrücklich beunruhigen. Er macht eine Neuregelung der Rundfunkabgabe dringend erforderlich. Der gegenwärtigen Rundfunkabgabe droht wegen ihres strukturellen Erhebungsdefizits die Verfassungswidrigkeit. Der Gleichheitssatz verlangt für das Abgabenrecht, dass der Abgabenpflichtige durch ein Gesetz nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleich belastet wird. Diese Belastungsgleichheit fordert also eine gleichheitsgerechte Gesetzgebung und ebenso eine gleichheitsgerechte Durchsetzung des gesetzlich Angeordneten. Zwar führt selbstverständlich nicht jeder Vollzugsmangel, wie er immer wieder vorkommen kann und sich tatsächlich ereignet, schon zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm. Verfassungsrechtlich verboten ist jedoch der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Abgabennorm und der nicht auf Durchsetzung dieses Befehls angelegten Erhebungsregel. „Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts“. In diesem Sinne strukturell gegenläufig und damit verfassungswidrig wirken Erhebungsregelungen gegenüber einem Besteuerungstatbestand, wenn sie dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Die Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits hängt wesentlich davon ab, inwieweit beim Vollzug einer materiellen Abgabennorm die Erhebungsform oder die Besteuerungspraxis im Rahmen gewöhnlicher Verwaltungsabläufe im Massenverfahren auf Gleichheit im Belastungserfolg angelegt ist und wie weit insbesondere auch unzulängliche Erklärungen der Abgabenpflichtigen mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden sind. Ein strukturelles Vollzugsdefizit kann daher auch dann indiziert sein, wenn nach Feststellung eines tatsächlichen Erhebungsdefizits an die Ermittlungstätigkeit der Erhebungsorgane überzogene Anforderungen gestellt werden, um den Vollzug der entsprechenden Abgabennorm zu erzwingen. Muss die Abgabenverwaltung wegen einer bestimmten materiellen Norm generell verschärft prüfen, um überhaupt einen annähernd gleichmäßigen Belastungserfolg erreichen zu können, kann dies Indiz für das Bestehen ungenügender Erhebungsstrukturen sein. Die Erhebung der Rundfunkabgabe leidet an schweren Erhebungsdefiziten. Die Bemühungen der GEZ und die Forderung der KEF, die Legalitäts- und Aufkommensverluste durch zusätzliche Kontrollen aufzufangen, gefährdet eher die innere Akzeptanz der Abgabe, als dass sie die Legalität verlässlich wieder herstellte. Der Systemfehler dieser Abgabe - die geräteabhängige Bemessungsgrundlage - führt jedenfalls unter den Bedingungen moderner Technik in die Verfassungswidrigkeit, weil die Funktionsvielfalt der Empfangsgeräte, ihr insbesondere beim PC ersichtliches Zusammenwirken mit anderen, vielfach primären Funktionen im gewerblichen und häuslichen Bereich, auch ihre leichte Transportierbarkeit eine persönliche Zuordnung des Leistungsangebots der ö.r. Rundfunkanstalten nicht sachgerecht erlauben. Diese Abgabe leidet an einer Erosion der inneren Plausibilität, damit der allgemeinen Vertrauenswürdigkeit, schließlich ihrer verlässlichen Vollziehbarkeit. Sie nähert sich der Verfassungswidrigkeit. B. Die Eigenheit des Rundfunks als allgemein zugängliche Quelle I. Der Auftrag des Rundfunks Die Rundfunkfreiheit dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beauftragt den Gesetzgeber, die Rundfunkfreiheit in einer Ordnung zu gewährleisten, in der die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Dabei vertraut der Gesetzgeber für den privaten Rundfunk grundsätzlich auf Marktprozesse, die eine Vielfalt des Rundfunkangebots und eine angemessene Finanzierung der Veranstalter sichern. Der ö.r. Rundfunk unterliegt demgegenüber in seiner Organisationsstruktur, seiner Unabhängigkeit und seinem Programmangebot besonderen normativen Erwartungen. Öffentlich-rechtliche Veranstalter werden besonderen organisatorischen Anforderungen zur Sicherung der Vielfalt und Unabhängigkeit unterworfen. Anlass dieser gesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkordnung ist die herausgehobene Bedeutung, die dem Rundfunk unter den Medien wegen ihrer Breitenwirkung - ihrer Reichweite und der Möglichkeit der Beeinflussung großer Bevölkerungsteile -, wegen ihrer Aktualität - der schnellen, oft zeitgleichen Übermittlung von Inhalten - und wegen ihrer Suggestivkraft - der Kombination von Text und Ton, der Kraft der bewegten Bilder, dem Anschein hoher Authentizität - zukommt. Die Wirkungskraft und Konzentration des Rundfunks begründet Risiken einer einseitigen Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung. Deswegen sind Vorkehrungen zum Schutz der publizistischen Vielfalt geboten. Die verfassungsrechtliche und gesetzliche Gewährleistung stellt sicher, dass der ö.r. Rundfunk in seinen Informationen, Kommentaren, Unterhaltungssendungen eine Verantwortung für die individuelle und öffentliche Meinungs- und Willensbildung trägt, er auch als kultureller Verantwortungsträger wirkt. Dieser Auftrag muss dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden sein, in seinen Voraussetzungen also entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht gestaltet werden. Die Struktur des Rundfunkrechts ist geprägt von dem verfassungsrechtlich gebotenen Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks. Der ö.r. Rundfunk kann seine Aufgabe, freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen, nur erfüllen, wenn er seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informiert. Er muss so organisiert sein, dass sein Programmangebot eine gegenständliche Breite aller Sparten und eine gleichgewichtige Vielfalt der in der Gesellschaft anzutreffenden Meinungen gewährleistet. II. Finanzielle Bestandsgarantie Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des dualen Rundfunksystems hängt von der Funktionstüchtigkeit des ö.r. Rundfunks ab. Innerhalb einer dualen Rundfunkordnung fordert das Grundgesetz deshalb eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den ö.r. Rundfunk. Diese Bestands- und Entwicklungsgarantie ist zugleich Finanzierungsgarantie. Die ö.r. Rundfunkanstalten haben einen Anspruch, die zur Erfüllung ihrer Funktion nötigen Mittel zu erhalten. Der Gesetzgeber muss die technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Vorbedingungen des Rundfunks so gestalten, dass eine entwicklungsgerechte Entfaltung des Programmangebotes möglich ist, die Gefahr einer Indienstnahme des Rundfunks durch staatliche oder gesellschaftliche Mächte aber abgewehrt wird. III. Abgabenrechtliche Folgerungen 1. Angemessene Finanzausstattung und maßvolle Abgabenlast Wenn das Grundgesetz eine finanzielle Bestandsgarantie für den ö.r. Rundfunk gewährt, bei der Ausgestaltung der finanziellen Vorbedingungen insbesondere die Programmautonomie des ö.r. Rundfunks zu beachten ist, andererseits der Abgabenschuldner einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine maßvolle und gleichmäßige Abgabenlast hat, sind Finanzierungsanspruch der Rundfunkanstalten und Mäßigungsanspruch der Abgabepflichtigen zu einem schonenden Ausgleich zu bringen. Deshalb wären gesetzliche Programmbegrenzungen nicht von vornherein unzulässig. Nicht jede Programmentscheidung einer Rundfunkanstalt muss finanziell honoriert werden. Die Rundfunkanstalten sind bei der Bestimmung ihres Programmumfangs und der Programmgestaltung, damit ihres Geldbedarfs nicht vollständig frei, sondern in den Rahmen des „Funktionsnotwendigen“ gebunden. Die Finanzierung des ö.r. Rundfunks ist andererseits so zu gestalten, dass der Finanzertrag weitgehend vom ökonomischen Markt abgekoppelt und dadurch gesichert ist, „dass sich das Programm an publizistischen Zielen, insbesondere an dem der Vielfalt, orientiert, und zwar unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen“. Damit sind andere Finanzierungsquellen, insbesondere Einnahmen aus Werbung oder Sponsoring, von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen. Doch dürfen sie wegen der von ihnen ausgehenden programm- und vielfaltverengenden Zwänge die Abgabenfinanzierung des öffentlichen Rundfunks nicht in den Hintergrund drängen. Der Gesetzgeber hat Vorsorge zu treffen, dass der ö.r. Rundfunk bei Erfüllung seines Auftrags nicht auf die Interessen der Werbewirtschaft Rücksicht nimmt, sein Programm nicht zunehmend auf Massenattraktivität ausrichtet, er vielmehr seine Funktion „unbeeinflusst von jeglicher Indienstnahme für außerpublizistische Zwecke, seien sie politischer oder ökonomischer Natur, erfüllen kann“ Maßstab der Rundfunkfinanzierung ist also ein besonderes Konnexitätsprinzip: Art und Verantwortlichkeit der Finanzierung folgt der Aufgabe. Die Wahrnehmung von Aufgaben und Befugnissen darf nicht durch die Macht des Geldes verfremdet werden. Das Geld übt eine dienende, keine herrschende Funktion aus. 2. Folgerungen für die Abgabeart Aus dieser finanziellen Bestands- und Entwicklungsgarantie, ebenso aus der Staatsfreiheit und Konnexität der Rundfunkfinanzierung ergeben sich konkrete Folgerungen für die Gestaltung der Rundfunkabgabe. a. Rundfunk- und Abgabengesetzgebung Die Finanzverfassung trennt die Steuergesetzgebung (Art. 105 GG) strikt von der Haushaltsgesetzgebung (Art. 110 GG), um dem Steuerzahler nicht wegen seiner Steuerzahlung einen vermehrten Einfluss auf die demokratische Willensbildung zu geben, dem Haushaltsgesetzgeber bei seinen Ausgabenentscheidungen hingegen eine innere Unabhängigkeit und Souveränität zu wahren. Das Rundfunkverfassungsrecht kennt ein noch strengeres Trennprinzip: Die allgemeine Rundfunkgesetzgebung ist von der Festsetzung der Rundfunkabgabe zu trennen, um Risiken einer mittelbaren Einflussnahme auf die Wahrnehmung des Programmauftrags auszuschließen und damit die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten zu sichern. Programmentscheidungen haben finanzielle Voraussetzungen, Finanzentscheidungen programmliche Konsequenzen. Deswegen können Entscheidungen zur Finanzausstattung indirekt die Erfüllung des Rundfunkauftrags beeinflussen. Die Trennung beider Gesetzgebungsarten soll gegenläufige Vorkehrungen gegen eine finanzielle Verfremdung der Rundfunkfreiheit treffen. b. Programmneutralität und Programmakzessorietät Der Gesetzgeber darf zwar freiheitskonforme medienpolitische und programmleitende Entscheidungen treffen. Ort und Ausdruck dieser Entscheidung ist aber die Rundfunkgesetzgebung. Die Abgabengesetzgebung hat sich jeder Art der Programmsteuerung zu enthalten, darf insbesondere nicht durch eine Entscheidung über Zeitpunkt, Umfang, Intensität oder Geltungsdauer der Abgabe Programme oder die Entwicklung der ö.r. Rundfunkanstalten lenken. c. Abstraktion als Freiheitsgarantie Der Gesetzgeber wahrt individuelle Freiheitsrechte vor allem dadurch, dass er seinen Gesetzesvorbehalt als „allgemeines Gesetz“ ausübt, er also in der Abstraktheit seiner Regelungen auf freiheitsbeengende Differenzierungen und Spezialisierungen verzichtet. Der Gesetzgeber hat insbesondere den Finanzbedarf des Rundfunks in abstrakter Weise festzulegen, darf nicht gesetzgeberische Vorgaben von einer Genauigkeit regeln, die den Rundfunk in seiner Programmfreiheit begrenzen würde. Die gesetzlichen Maßstäbe für die Berechnung der erforderlichen Mittel dürfen nicht so detailgenau sein, dass die rundfunkautonome Entscheidung über Programm und Programmumfang damit vorweggenommen wäre. Exakte Maßstäbe würden die Art und Weise der Funktionserfüllung festlegen; dieses wäre nicht mehr Gebrauch einer Freiheit, sondern Vollzug eines vorgegebenen Programms, stünde damit im Widerspruch zu der Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG62. d. Prozedurale Absicherungen Sachfremde Einflüsse auf die Abgabenentscheidungen sind möglichst präventiv zu verhindern. Dem dient ein dreistufiges Verfahren: (1.) Die Bedarfsfeststellung beginnt mit einer Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten. Diese Inhaber des Grundrechts der Rundfunkfreiheit konkretisieren also ihren Finanzbedarf und damit die Abgabenfestsetzung nach ihren Programmentscheidungen. Sodann (2.) ist zum Schutz der Abgabenschuldner eine externe Kontrolle der Bedarfsanmeldung erforderlich, der dem Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresse der jeweiligen Anstalten das Maß des Funktionsnotwendigen gegenüberstellt. Diese Kontrolle ist eine sachverständige Rechtskontrolle, keine politische Kontrolle von Vernünftigkeit und Zweckmäßigkeit der jeweiligen Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten. Die abschließende Abgabenentscheidung ist (3.) auf der Grundlage der überprüften und auch der korrigierten Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten zu treffen. Der Gesetzgeber hat die dafür erforderliche Zuständigkeit und das Verfahren zu regeln, das Programmneutralität und Programmakzessorietät der Abgabenentscheidung wahrt, etwaige Abweichungen von der Bedarfsfeststellung einem verfassungsgerechten Begründungsverfahren unterwirft. Im Ergebnis fordert das Grundgesetz eine abgabenrechtliche Finanzausstattung des ö.r. Rundfunks, die dessen Bestand sichert und die Entwicklung seiner Aufgaben und Programme bedarfsgerecht gewährleistet, den Rundfunk gegen staatlichen und wirtschaftlichen Einfluss abschirmt, die Macht des Geldes in einer rundfunkverfassungsrechtlichen Konnexität bindet. Diese Anforderungen sind im Rahmen der vom Grundgesetz zugelassenen Abgabearten zu erfüllen. C. Die Rundfunkabgabe im Rahmen des finanzverfassungs-rechtlichen Abgabesystems I. Verfassungsgeprägtes, aber nicht abschließendes Abgabensystem Das Grundgesetz enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen. Die Finanzverfassung regelt jedoch die Finanzierung des Staates im Kern durch Vorschriften über die Steuergesetzgebung (Art. 105 GG), die Steuerertragshoheit (Art. 106 und 107 GG) und über die Steuerverwaltungshoheit (Art. 108 GG), stützt also die Finanzierung des Staates auf die Steuer. Mit der Entstehung des modernen Staates und der Ausbildung einer Geldwirtschaft wird die Steuer zum Hauptfinanzierungsinstrument der öffentlichen Hand, der Staat zum Steuerstaat. Wenn der Staat die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit durch die Garantie der Eigentümer- und Berufsfreiheit in privater Hand belässt, muss er sich durch Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens - durch Steuern - finanzieren. Der Verfassungsstaat gewinnt innere Unabhängigkeit und Distanz zu seinem Finanzier, wenn er die Steuerpflichtigen je nach individueller Leistungsfähigkeit belastet, die Steuer „voraussetzungslos“ gestaltet, die finanzielle Handlungsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie in der grundsätzlichen Zweckfreiheit der Steuer gewährleistet und damit die Budgethoheit des Parlaments und die innere Unbefangenheit des Staates gegenüber seinem Finanzier stützt. Die Grundsatzentscheidung für den Steuerstaat wahrt die Distanz der öffentlichen Hand gegenüber dem freien Gütertausch und den erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten. Die wesentlichen Staatsleistungen - Sicherheit, Recht, Bildung, Infrastruktur - werden unabhängig von der Entgeltfähigkeit und Entgeltbereitschaft des Bürgers gewährt. Der Sozialstaat erbringt vielfach Leistungen gerade deswegen, weil der Bürger nicht hinreichend zahlungsfähig ist. Dennoch kennt das deutsche Abgabenrecht traditionell neben der Steuer auch die Gebühr und den Beitrag. Dadurch gewinnt der Staat die Fähigkeit, wirtschaftlich erhebliche Leistungen anzubieten, ohne damit auch notwendig den in ihnen erhaltenen Vermögenswert zu verschenken. Doch im Grundsatz gilt das Prinzip der Tauschgerechtigkeit auf dem freiheitlichen Markt, in dem der angemessene - nicht immer der gerechte - Preis in der Begegnung von Anbietern und Nachfragern gefunden wird. Dieses System der Tauschgerechtigkeit ist für den Staat grundsätzlich ungeeignet, wenn der Staat Leistungen nicht um des Entgelts willen erbringen, sondern nach Bedarf zuwenden will. Maßstab ist das Recht, nicht das Entgeltangebot. Würde ein Beamter, der dem Fahrtüchtigen einen Führerschein, dem Bauberechtigten eine Baugenehmigung zu erteilen hat, dafür ein Entgelt verlangen, würde der Staat sich mit dem härtesten Mittel strafrechtlicher Gegenwehr - wegen Bestechlichkeit - dagegen wehren. Im übrigen unterliegen die Entgeltabgaben im Leistungstausch dem Äquivalenzprinzip oder dem Kostendeckungsprinzip, also einer deutlichen verfassungsrechtlichen Bindung, neutralisieren allenfalls die Staatsleistung, geben dem Staat aber keine Finanzkraft für zukünftige, freie Budgetgestaltung, die nicht schon in der Vorleistung vorweggenommen wäre. Neben den Steuern, Gebühren und Beiträgen bildet die Sonderabgabe einen vierten Gebührentyp, dessen Aufkommen nicht in den allgemeinen Staatshaushalt fließt, der dem Abgabepflichtigen neben der steuerlichen Belastung seiner Leistungsfähigkeit eine Sonderlast zumutet, der im übrigen außerhalb der Finanzverfassung zu rechtfertigen ist. Diese Sonderabgabe ist nur als „seltene Ausnahme“ zulässig. Der Auffangtatbestand der „sonstigen Abgaben“ umfasst alle gesetzgeberischen Abweichungen von den Abgabentypen der Steuer, der Gebühr, des Beitrags und der Sonderabgabe, verweist insoweit auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedürftigkeit jeder dieser sonstigen Abgaben. Die wichtigsten Fälle dieser Abgaben bietet die sozialversicherungsrechtliche Solidarabgabe (Sozialversicherungsbeitrag) sowie die Verbandslast. Jenseits dieser beiden Fallgruppen bleibt der Auffangtatbestand der „sonstigen Abgaben“ konturarm. Seine tatbestandliche Blässe belegt die Schwäche seiner rechtfertigenden Kraft. Beispiele bieten die Fehlbelegungsabgabe, die Vermögensabgabe, die Quersubventionierung; diese nichtsteuerlichen Abgaben dienen dem Erwerb von Sicherheit, der Organisation beruflicher Selbsthilfe, dem Ausgleich unerwünschter finanzieller Verwerfungen und der Subvention. Sie berühren die verfassungsrechtliche Qualifikation einer zulässigen Rundfunkabgabe nicht. II. Die Steuer 1. Die Gemeinlast Das Programmangebot der ö.r. Rundfunkanstalten bietet eine „allgemein zugängliche Quelle“ der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, erreicht also nahezu jedermann in Deutschland. Die Finanzierung dieser Allgemeinaufgabe durch jeden Empfänger des Rundfunkangebots kommt einer Gemeinlast nahe, die den Kreis der Schuldner der Einkommensteuer deutlich übersteigen könnte, dem Kreis der Steuerträger der indirekten Steuer, insbesondere der Umsatzsteuer, nahe kommt. Deswegen erscheint es erwägenswert, die Rundfunkabgabe als Steuer auszugestalten. Doch der die Steuer rechtfertigende Gedanke der Gemeinlast meint etwas anderes: Er aktualisiert den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten, ist damit eine wesentli-che Ausprägung rechtstaatlicher Demokratie. Alle Staatsbürger tragen in relativer Gleichheit je nach Leistungsfähigkeit alle die Gemeinschaft treffenden Lasten. Zugleich ist gewährleistet, dass diese Lasten auch tatsächlich aus den von allen gemeinsam aufgebrachten Steuermitteln getragen werden. Der Ertrag dieser steuerlichen Gemeinlast, der gleichheitsgerecht von allen Bürgern erhoben und sodann ausschließlich der Verwendung für Allgemeinaufgaben gewidmet ist, muss nach Art. 110 Abs. 1 GG als Einnahme in den Haushaltsplan eingestellt werden, sichert in diesem Budgetrecht die Verfügungsfreiheit des Gesetzgebers über diese Einnahmen. Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans gewährleistet das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments und die Gleichheit der Steuern im Steuerzugriff und in der Ertragsverwendung. Die steuerliche Gemeinlast fordert also grundrechtlich die Gleichheit der Besteuerung als Ausfluss der staatsbürgerlichen Gleichheit, die seit Ende des 18. Jahrhunderts im Kampf gegen Standesprivileg und persönliche Bevorzugung die Allgemeinheit der Last bestimmte. Insoweit ist die Steuer „voraussetzungslos“, „losgelöst“ von sie „bedingenden Zusammenhängen“, insbesondere von einer staatlichen Gegenleistung. Dieser Abgabentypus einer Gemeinlast bietet kein Instrument zur Rundfunkfinanzierung. Der Abgabenschuldner soll nicht belastet werden, weil er finanziell leistungsfähig ist, sondern er soll ein Leistungsangebot entgelten. Die Abgabe entsteht, weil er ein Leistungsangebot erhalten hat, also nicht „voraussetzungslos“. Außerdem verbietet die Staatsfreiheit der Rundfunkfinanzierung eine Abgabeform, deren Ertrag nicht von vornherein für Aufgaben der Rundfunkanstalten vorbehalten ist, sondern jährlich vom Parlament bei der Budgetbewilligung in seiner Verwendung überprüft und neu entschieden werden muss. Deswegen wäre auch eine dem Rundfunk vorbehaltene Zwecksteuer verfassungswidrig. Die Steuer ist kein Instrument der Rundfunkfinanzierung. Dieses kann für die materielle Bindung des Steuereingriffs und die Budgetbindung des Steuerertrages verdeutlicht und vertieft werden. 2. Die materielle Bindung der Steuerbelastung Die Steuer greift in das Geldeigentum des Eigentümers ein, muss deshalb in ihrer Intensität und insbesondere im Übermaßverbot vor Art. 14 GG gerechtfertigt werden. Der Steuerpflichtige wird - jedenfalls bei der auf die Person zugemessenen direkten Besteuerung - aus dem Eigentum des Steuerpflichtigen, seiner Leistungsfähigkeit bemessen. Der Empfänger eines Rundfunkangebots hingegen zahlt die Abgabe, weil er das Angebot erhalten hat. Inwieweit er finanziell leistungsfähig ist oder sich seine Leistungsfähigkeit etwa durch Kredit beschaffen müsste, ist für den Abgabentatbestand unerheblich. Auch die Besteuerungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) bemisst sich nach der finanziellen Belastbarkeit des Steuerpflichtigen, nicht nach dem Empfang eines öffentlichen Leistungsangebotes. Wenn nach Art. 3 Abs. 1 GG „alle Menschen“ vor dem Gesetz gleich sind und nach Art. 3 Abs. 3 GG „niemand“ wegen persönlichkeitsspezifischer Eigenheiten benachteiligt oder bevorzugt werden darf, scheint das Steuergesetz alle Menschen gleich belasten zu sollen - den Habenichts wie den Millionär mit einem gleichen Steuerbetrag pro Kopf. Eine solche Kopfsteuer verstieße aber offensichtlich gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil sie die Menschen mit gleichen Zahlungspflichten belegt, obwohl ihre Fähigkeit zu zahlen unterschiedlich ist. Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz meint deswegen nicht die gleiche Belastungsfolge für Jedermann - dieses wäre ein Differenzierungsverbot, das letztlich die Gesetzgebung als Gestaltungs- und Unterscheidungsauftrag in Frage stellt -, sondern fordert die Gleichbehandlung des Menschen nach seiner jeweiligen, durch die gesetzliche Regelung betroffenen Lebenslage. Männer und Frauen sind gleich in der jeweiligen Steuerlast, ungleich in Mutterschutz und Wehrpflicht. Arm und Reich sind gleich im Wahlrecht, jedoch verschieden in der steuerlichen Belastbarkeit. Deutsche und Ausländer sind gleich besteuerbar, jedoch verschieden im Auslieferungsrecht. Gleichheit verlangt die jeweilige Gleichbehandlung. Dieses sagt bereits der steuerspezifische Gleichheitssatz des Art. 134 WRV, wonach „alle Staatsbürger“ ohne Unterschied verpflichtet sind, „im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten“ nach Maßgabe der Besteuerung beizutragen. Das Steuerrecht bemisst die steuerliche Lastengleichheit somit nach der Belastbarkeit des Steuerpflichtigen in seinem Eigentum - seinem Einkommen, seiner Erbschaft, seinem Vermögen, seiner Kaufkraft -, greift in den Schutzbereich des Art. 14 GG ein und empfängt dort seinen Differenzierungsmaßstab oder entwickelt ihn aus dem gleichheitsrechtlichen Differenzierungsauftrag unmittelbar nach der Funktion der Steuer, dem Pflichtigen Eigenes wegzunehmen und auf die öffentliche Hand zu übertragen. Dieses Eigentum ist Rechtfertigungs- und Differenzierungsgrund der Steuer. Der Grundrechtsträger hat kein Grundrecht auf Steuerfreiheit, sondern auf je nach sozialpflichtigem Eigentum gleichmäßige Verteilung der Steuerlast. Steuerliche Gleichheit handelt also nicht vom gleichen Rechtswert aller Personen, sondern von der Gleichheit in der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen. Diese Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen hängt von seinem Eigentum ab, das er erarbeitet, getauscht, ererbt hat, aber auch von den gesetzlichen Vorgaben, die den Erwerbenden im Wirtschaftsleben binden. Das Steuergesetz wählt aus der Vermögensgesamtheit eines Steuerpflichtigen einen sozialpflichtigen Gegenstand, um ihn gesondert einer Besteuerung zu unterwerfen. Der Steuerschuldner wird belastet, weil er Einkommen bezieht, weil er Grundbesitz hat, weil er ein Kraftfahrzeug hält oder weil er eine entgeltliche Lieferung im Inland ausführt. Die Steuergesetze bestätigen, dass die steuerliche Wertsummenschuld stets auf die Minderung eines konkreten Eigentumsbestandes angelegt ist, wenn sie die Zahlungspflicht des Steuerschuldners als Belastung des Steuerobjekts definieren und von dem „zu versteuernden Einkommen“ (§ 2 Abs. 5 EStG), den „steuerbaren Umsätzen“ (§ 1 UStG), den „verbrauchsteuer- und zollpflichtigen Waren“ (§ 46 AO) sprechen. Die Bemessungsgrundlagen für Steuern und für eine Rundfunkabgabe sind also grundverschieden: Die Steuer belastet den Inländer, weil er über eine tatsächlich ermittelte (direkte Steuer) oder vermutete Leistungsfähigkeit (indirekte Steuer) verfügt. Er wird steuerpflichtig, weil er nach seinen Einkommensverhältnissen oder seiner Kaufkraft zur Finanzierung des Gemeinwesens in der Lage ist. Der Schuldner der Rundfunkgebühr hingegen hat zu zahlen, weil der Rundfunk ihm eine allgemeine Informationsquelle erschlossen hat. Er ist zunächst durch die Leistung der Rundfunkanstalten begünstigt, muss dann den Vermögenswert dieser Begünstigung durch die Abgabe finanzieren. Die Rundfunkabgabe ist eine Entgeltabgabe, keine voraussetzungslose Steuer. 3. Die Haushaltsbindung des Abgabenertrages Die Finanzverfassung des Grundgesetzes (X. Abschnitt) verteilt das Aufkommen der Steuern in Art. 106 GG auf Bund, Länder und Gemeinden, stellt sodann den Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts auf, nach dem alle zu erwartenden Einnahmen und alle voraussichtlichen Ausgaben in den Haushaltsplan eingestellt werden. Es gibt nur einen Staatshaushalt, in dem Einnahmen und Ausgaben auszugleichen sind. „Schwarze Kassen“, Schattenhaushalte und Geheimfonds, die Geldflüsse am Parlament vorbei ermöglichen, sind verfassungswidrig. Die vom Vollständigkeitsgrundsatz umfassten Einnahmen und Ausgaben binden allerdings alle im Haushaltsjahr kassenmäßig eingehenden Deckungsmittel unabhängig von der Abgabenart. Doch wird der Grundsatz der Vollständigkeit des Staatshaushaltes in seiner Prämisse der staatlichen Einnahmen für die Rundfunkgebühr erheblich. Wenn der Staat Steuern - oder auch Gebühren und Beiträge - erhebt, sind die dadurch erzielten Einnahmen vollständig in den Staatshaushalt einzubringen. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Ermächtigung. Der einzige Ausnahmefall für Steuererträge ist das Steuererhebungsrecht der Religionsgesellschaften nach Art. 137 Abs. 6 BRV i. V. m. Art. 140 GG. Die Beteiligung der Gemeinden am Steueraufkommen (Art. 106 Abs. 5, 5 a, 6 und 7 GG) sowie das eigene Steuererhebungsrecht der Gemeinden (vgl. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) bestätigen die Regel der staatlichen Steuerertragshoheit, weil die Gemeinden im zweistufigen System der Finanzverfassung Teil der Länder sind, also der staatlichen Ertragshoheit zugerechnet werden. Die Staatsfreiheit der Rundfunkfinanzierung steht einer parlamentarischen Budgetkontrolle des dem Rundfunk vorbehaltenen Abgabenaufkommens strikt entgegen. Die Rundfunkfinanzierung muss so organisiert werden, dass der Abgabenertrag von vornherein den Rundfunkanstalten vorbehalten bleibt, staatliche Organe also nicht über die Verwendung dieses Abgabeaufkommens entscheiden. Eine autonomiegerechte Rundfunkfinanzierung ist deshalb nur durch Abgaben möglich, die außerhalb der Finanzverfassung erhoben werden, also durch Sonderabgaben, Gebühren oder Beiträge. III. Die Sonderabgabe 1. Das besondere der Sonderabgabe Eine Abgabe, deren Erträge nicht in den Staatshaushalt fließen, vielmehr von vornherein für einen Sonderhaushalt reserviert sind, findet in der „Sonderabgabe“ einen geeigneten Abgabetyp. Die Grundsatzentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Staates schließt nicht schlechthin aus, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Entscheidungsraums auch andere Abgabenarten einführt. Auf dieser Grundlage hat sich eine Sonderabgabe entwickelt, die eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Abgabenschuldner für eine Finanzierungsaufgabe einfordert. Diese Sonderabgabe unterscheidet sich von der Steuer, weil ihr Aufkommen nicht in den allgemeinen Staatshaushalt fließt und sie nicht individuelle Leistungsfähigkeit erfasst, sondern eine Gruppe wegen einer speziellen Verantwortlichkeit für eine ihnen obliegende Finanzaufgabe belastet. Im Gegensatz zu den Gebühren und Beiträgen ist die Sonderabgabe auch von Leistungen oder Leistungsangeboten des Staates unabhängig, neutralisiert also keinen durch eine Staatsleistung zugewendeten Vermögenswert. Die Sonderabgaben umfassen ursprünglich als Auffangtatbestand alle Abgaben, die sich nicht als Steuern, Gebühren oder Beiträge qualifizieren lassen. Heute haben die Sonderabgaben in der Hauhaltsflüchtigkeit des Abgabenaufkommens, in der Sonderbelastung einer durch spezielle Finanzierungsverantwortlichkeit gekennzeichneten Gruppe und in der kompetenzrechtlichen Zugehörigkeit zu einer Sachmaterie eine verfassungsrechtliche Ausprägung erfahren, die in einem eigenständigen Abgabentypus ihre Rechtfertigung und Grenze findet. Allerdings sind die Verfassungsmaßstäbe der Sonderabgaben inzwischen zu einem Maßstab für alle nichtsteuerlichen Abgaben verallgemeinert worden. Die Sonderabgaben bleiben aber ein Tatbestand mit Warnfunktion, auch mit rechtfertigender Kraft. Außerhalb dieses eng umgrenzten Abgabentypus werden die übrigen Erscheinungsformen einer Abgabe im allgemeinen Auffangtatbestand der sonstigen Abgaben erfasst und dort in gesteigertem Rechtfertigungsbedarf an den auch für die Sonderabgaben geltenden Maßstäben gemessen. Da die Sonderabgabe eine Gruppe neben den Steuerlasten zusätzlich belastet, ein nicht in den Haushalt eingestelltes Aufkommen erbringt und sich den Regelungen der Finanzverfassung entzieht, begegnet sie prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken und ist nur als „seltene Ausnahme“102 zulässig. Die Sonderabgabe durchbricht das Prinzip der steuerlichen Lastengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und bürdet dem Abgabenschuldner neben der die Allgemeinheit treffenden Steuerpflicht eine zusätzliche Sonderlast auf. Diese Sonderbelastung einer Gruppe muss durch einen besonderen Belastungsgrund gerechtfertigt werden können. Voraussetzung für eine Sonderabgabe ist eine finanzrechtliche Verantwortlichkeit der Abgabenschuldner für eine bestimmte Finanzierungsaufgabe, in der sich die Schuldner der Sonderabgabe von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen abheben. Wegen dieser gruppenbezogenen Finanzierungsverantwortlichkeit steht das Aufkommen aus einer solchen Abgabe nicht zur Erfüllung allgemeiner, nach parlamentarischer Bestimmung wechselnder Finanzaufgaben des Staates zur Verfügung, sondern ist der Finanzierung einer bestimmten, die Gruppe der Abgabenschuldner verpflichtenden Sachaufgabe vorbehalten. Diese Zweckbindung des Abgabeaufkommens hat zur Folge, dass die durch die Sonderabgabe gewonnen Finanzkraft außerhalb des Haushaltsplans bleibt, sie sich als haushaltsflüchtige Abgabe der periodischen parlamentarischen Haushaltskontrolle entzieht und das Prinzip der Haushaltsklarheit beeinträchtigt. Die Sonderabgabe finanziert eine „schwarze Kasse“, über die ein Organ der Exekutive ohne regelmäßige parlamentarische Anleitung und Kontrolle verfügt. “Fremdnützige“ Sonderabgaben sind in der Regel unzulässig. Ausnahmen lassen sich allenfalls begründen, wenn eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zu Gunsten fremder Begünstigter aus vorgefundenen triftigen Gründen eindeutig gerechtfertigt ist, d.h. wenn eine finanzielle Zwangspatenschaft der Abgabepflichtigen für den fremdnützigen Zweck besteht oder die belastete Gruppe eine besondere soziale Verpflichtung gegenüber der begünstigten Gruppe trifft. Die grundsätzliche Unzulässigkeit fremdnütziger Sonderabgaben ist im Gleichheitssatz, ebenso aber auch in der Sozialpflichtigkeit des Privatvermögens (Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG) angelegt. Individualvermögen, auch das Eigentum am Geld ist nur gemeinwohlpflichtig, prinzipiell nicht gruppengebunden, schon gar nicht für fremde Gruppen sozialpflichtig. Grundsätzlich dürfen öffentliche Abgaben deshalb nur für Aufgaben der Allgemeinheit, d. i. steuerlich zur ungebundenen Verwendung des Haushaltsgesetzgebers erhoben werden. Veranlasst eine zweckgebundene Abgabe die Abgabenschuldner sodann, öffentliche Maßnahmen, die in ihrem eigenen Interesse getroffen werden, selbst zu finanzieren, so zwingt die Abgabe zur finanziellen Selbsthilfe. Die Privatnützigkeit der Zweckabgabe rechtfertigt die Sonderlast und die Zweckbindung. Was diesen Sonderabgaben an Allgemeinwohldienlichkeit abgehen mag, gleichen sie durch Eigennützigkeit zu Gunsten der Abgabenschuldner aus. Deshalb sind sie verfassungsrechtlich zulässig. Wird hingegen eine Gruppe mit fremdnützigen Abgaben belastet, so wird das Fehlen der Allgemeinnützigkeit nicht durch gruppendienliche Privat-nützigkeit aufgefangen. Sie sind grundsätzlich unzulässig. 2. Haushaltsrechtliche Informationspflicht In neuerer Rechtsprechung hat das Gericht die Rechtfertigungsbedürftigkeit einer neben der Steuer erhobenen besonderen Abgabe noch durch eine haushaltsrechtliche Informationspflicht verschärft: Sonderabgaben sind zum Schutz des parlamentarischen Budgetrechts in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage zu dokumentieren. In diese sind alle nicht steuerlichen Abgaben aufzunehmen, die weder Gebühr noch Beitrag sind und bei denen mangels sonstiger spezieller Sach- und Zweckzusammenhänge eine Konkurrenz zur Steuer nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Mit der Erfindung einer nichtsteuerlichen Abgabe löst der einfache Gesetzgeber sein Abgabenerhebungsrecht und die nachfolgende Abgabenhoheit von den finanzverfassungsrechtlichen Regeln über die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Ertragshoheit (Art. 105 bis 108 GG). Die auf eine Sachregelungskompetenz gestützte und der Finanzierung einer speziellen Sachaufgabe vorbehaltene Sonderabgabe gefährdet die Allgemeinverbindlichkeit und Gestaltungskraft der Finanzverfassung (X. Abschnitt des Grundgesetzes) und fördert die Entwicklung einer „apokryphen Finanzverfassung“. Die abgabenrechtliche Inanspruchnahme einer Sachkompetenz ist allenfalls zulässig, wenn die abgabenrechtliche Regelung die Sachmaterie gestaltet, ihre Wirkungen also über die Aufkommenserzielung hinausgreifen. Der Tatbestand der Sonderabgabe benennt einen Fremdkörper im Verfassungsrecht und fordert Rechtfertigungsgründe für die Abgabe. Während im Steuertatbestand grundsätzlich die Merkmale der verfassungsrechtlich vorgesehenen Staatsfinanzierung definiert werden, bezeichnet der Tatbestand der Sonderabgabe das Gegenteil, die verfassungsrechtlichen Bedenklichkeiten. Jedes der drei Einzelmerkmale - die Sonderlast, die Haushaltsflüchtigkeit und die Nichtanwendung der Finanzverfassung - begründen selbstständige verfassungsrechtliche Zweifel, die durch drei Rechtfertigungsgründe - die Finanzverantwortlichkeit der Gruppe, die gruppennützige Verwendung und die sachgestaltende Wirkung - ausgeräumt werden müssen. Bei Abgaben, die nur durch einzelne dieser Krisensymptome gekennzeichnet sind, bleibt ein verminderter, aber auch noch elementarer verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsbedarf.Die Sonderabgabe ist nur in engen, kompetenzrechtlichen und materiellen Grenzen und auch dann nur befristet zulässig. Da die Sonderabgabe gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme zu bleiben hat, ist der Gesetzgeber bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung einer Aufgabe gehalten, seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des „Ausnahmeinstruments“ Sonderabgabe periodisch zu überprüfen und insbesondere festzustellen, ob veränderte Umstände, der Wegfall des Finanzierungszwecks oder die Zielerreichung eine Änderung oder Aufhebung des Abgabentatbestandes fordern. Der Bestand der Sonderabgabe hängt jeweils vom speziellen Finanzbedarf und damit von der fortdauernden Finanzverantwortlichkeit der Abgabenschuldner ab; er steht unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, ist vorläufig und in der Regel nur vorübergehend zu rechtfertigen. In dieser Überprüfungs- und Nachbesserungspflicht gewinnt das Parlament ein Stück periodischen Budgetrechts zurück. 3. Die Rundfunkabgabe als Instrument der Regelfinanzierung Die nur als „seltene Ausnahme“ zulässige Sonderabgabe, deren Erträge durch eine haushaltsrechtliche Informationspflicht ausdrücklich in die staatliche Budgethoheit einbezogen werden müssen, deren Legitimation zudem periodisch wiederkehrend von dem Gesetzgeber zu überprüfen ist, eignet sich nicht als Instrument der Rundfunkfinanzierung. Die finanzielle Bestands- und Entwicklungsgarantie für den ö.r. Rundfunk fordert stetige Einnahmen, eine staatsferne Abgabe, einen aus dem Leistungsangebot der Rundfunkanstalten gerechtfertigten Regeltatbestand. Die „allgemein zugängliche Quelle“ des Sendeangebots der Rundfunkanstalten (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) ist Grundlage der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, des demokratischen Informationssystems, Gemeingut der Unterhaltung und der Kultur. Dieses Angebot muss deshalb in seinen Finanzgrundlagen verstetigt, aus dem Rundfunkauftrag gerechtfertigt und in der Öffentlichkeit als Regellast dargestellt werden. Die Sonderabgabe ist die außerordentliche, kaum zu rechtfertigende, in der Regel vorübergehende Abgabe. Der Rundfunk braucht ein kontinuierliches, in seiner Legitimität offensichtliches, entwicklungsbegleitendes und entwicklungsstützendes Finanzfundament. Deshalb kommt die Sonderabgabe zur Finanzierung des Rundfunks nicht in Betracht. IV. Die Entgeltabgaben 1. Die Aufgabe von Gebühren und Beiträgen Neben der Steuer erhebt das deutsche Abgabenrecht traditionell auch Gebühren und Beiträge. Während der Staat in der Steuer Finanzmittel gewinnt, ohne im Abgabentatbestand bereits eine Ausgabenentscheidung vorauszusetzen, gleichen Gebühren und Beiträge einen von der öffentlichen Hand empfangenen Vorteil aus, sind grundsätzlich durch einen vorausgehenden Aufwand bedingt. Der Gebührenschuldner entgilt eine Leistung, die ihm wegen seines Entgelts gebührt. Der Beitragschuldner trägt zum Bestand einer Einrichtung bei, die ihm individualisierbar zur Benutzung zur Verfügung steht. Die Gebühr schöpft den Vorteil einer individualdienlichen Leistung ab oder überwälzt einen individuell zurechenbaren Aufwand. Der Beitrag fordert die individuelle Mitfinanzierung einer öffentlichen Einrichtung, an der dem Abgabenschuldner gelegen ist. Die Gebühr wird für eine staatliche Leistung geschuldet; der Beitrag bereits für ein Leistungsangebot. Die Nutzungsgebühr ist Nutzungsentgelt, der Nutzungsbeitrag finanziert eine Einrichtung, die Nutzungsmöglichkeiten anbietet. Beide Formen der Entgeltabgaben - meist als „Vorzugslasten“ bezeichnet - setzen tatbestandlich einen Vorteil oder einen Aufwand voraus, der einem Einzelnen (Gebühr) oder einer Gruppe (Beitrag) zugerechnet werden kann. In der Entgeltabgabe verknüpft die öffentliche Hand hoheitliches Nehmen und Geben in einem Abgabenschuldverhältnis, während die Steuer auf Privateigentum zugreift, ohne den Steuerschuldner in einer bevorzugenden Nähe zu staatlichen Leistungen oder Leistungsangeboten tatbestandlich zu erfassen. Gebühr und Beitrag lassen sich nicht immer in tatbestandlicher Striktheit unterscheiden. Ob ein Gesetzgeber sich für eine Gebühr oder einen Beitrag entscheidet, hängt oft lediglich von ermittlungs- oder erhebungstechnischen Überlegungen ab. Lässt sich nur die Gruppe der vermutlichen Leistungsnachfrager, nicht aber der individuelle Leistungsempfänger tatbestandlich bestimmen, so wählt der Gesetzgeber den Beitrag und nicht die Gebühr. Manche Beiträge, z.B. für leitungsgebundene Grundstücksanschlüsse, knüpfen an individuell zurechenbare Leistungen an. Andere Beiträge wie die Anlieger- und Erschließungsbeiträge nehmen Gruppen zur Finanzierung von Einrichtungen in Anspruch, die zumindest überwiegend von der Allgemeinheit genutzt werden. Beiträge wie die Fremdenverkehrsabgabe oder die Kurtaxe schöpfen einen Vorteil ab, den die Gruppe der Beitragspflichtigen nach typisierender Lebenserfahrung aus einer Einrichtung ziehen wird. Angesichts dieser Wirkungsbreite des Beitrags zwischen Leistungsentgelt und Gemeinlast ist der Beitrag lediglich als ein „Etikett“ charakterisiert worden, unter dem sich eine Gebühr oder eine Steuer verberge. Je mehr sich die individuelle Finanzierungsverantwortlichkeit eines Beitragsschuldners in allgemeinen Vermutungen und Typisierungen verflüchtigt, die persönliche Finanzierungsverantwortlichkeit des Abgabenschuldners sich also in der Allgemeinheit einer Gemeinlast verliert, desto mehr nähert sich der Beitrag der Steuer. Doch unterscheidet sich der Beitrag stets von der Steuer, weil er tatbestandlich auf Personen begrenzt ist, die einen individualisierbaren wirtschaftlichen Vorteil durch ein öffentliches Vorhaben angeboten erhalten. Der Beitrag zieht eine Gruppe von Abgabenschuldnern zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe heran, sieht diese Gruppe also in einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit und ähnelt insoweit der Sonderabgabe. Der Beitrag rechtfertigt sich jedoch nicht aus der Finanzierungsverantwortlichkeit einer Gruppe für eine zu finanzierende Aufgabe, sondern neutralisiert den wirtschaftlichen Vorteil eines ö.r. Leistungsangebots und des daraus erwachsenden Aufwands. Der Beitrag ist eine Regelabgabe, steht - anders als die Sonderabgabe - zur stetigen, regelmäßigen Finanzierung einer öffentlichen Einrichtung zur Verfügung. 2. Keine prinzipielle Unterscheidung zwischen Gebühren und Beiträgen a. Verwaltungsentgelt Das Grundgesetz unterscheidet nicht prinzipiell zwischen Gebühren und Beiträgen, knüpft aber an die verwaltungsrechtlichen Unterschiede dieser Finanzierungsinstrumente verschiedene - wenn auch fließend ineinander übergehende - Rechtsfolgen. Die Gebühr wird als Entgelt für ö.r. Leistungen - die Versorgung mit Energie oder Wasser, die Durchführung eines fairen Gerichtsverfahrens, eine staatliche Prüf- oder Kontrollleistung - erhoben, oder als Ausgleich für einen von einem Einzelnen verursachten Aufwand. Die Gebühr setzt eine „individuell zu-rechenbare Leistung“ oder eine individuell zu verantwortende Kostenverursachung voraus, wird damit zu einer Gegenleistung, die weniger aus einem vertragsähnlichen Leistungstausch und mehr aus einem Ausgleichgedanken gerechtfertigt wird. Diese individuelle Finanzierungsverantwortlichkeit für einen öffentlichen Aufwand entsteht, wenn ein Schuldner die Kosten individualisierbar veranlasst hat oder wenn er durch den Aufwand individualisierbar bevorzugt worden ist. Diese Verantwortlichkeit wird in den Prinzipien der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs, nach denen die Gebühr zu bemessen ist, eingefordert. Zugleich wehrt das Rechtsstaatsprinzip in diesen Kriterien eine Kommerzialisierung der Hoheitsverwaltung ab und errichtet die abgabenrechtliche Barriere gegen eine Bestechlichkeit der Staatsverwaltung. Modellfall einer Kostenüberwälzung wegen individueller Aufwandsverantwortlichkeit ist die „Kostenprovokation“ durch den polizeilichen Handlungs- oder Zustandsstörer, der polizeirechtlich individuell für die Gefahrenabwehr verantwortlich und deshalb gebührenrechtlich auch kostenverantwortlich ist. Leistungen von ö.r. Leistungsträgern sind für eine Gebühr nur zugänglich, wenn sie von der Entgeltfähigkeit und Entgeltbereitschaft des Schuldners abhängig gemacht werden dürfen. Der Gleichheitssatz und die Freiheitsrechte veranlassen stets die Frage, ob der Steuerzahler, der bereits mit seinen Steuern den Staat finanziert, noch zusätzlich zu einer Gebühr herangezogen werden darf. Die Kompetenznormen des Grundgesetzes binden sodann die Gebühr in dem Rahmen der Sachkompetenz, die der Gesetzgeber bei der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben beansprucht. In diesem verfassungsrechtlich eröffneten Regelungsbereich bilden die Verwaltungs- und die Nutzungsgebühr Regeltatbestände, die neben der Besteuerung eine Vorteilsabschöpfung oder einen Kostenausgleich zu rechtfertigen vermögen. Die Verwaltungsgebühr ist die Gegenleistung für eine dem Schuldner individuell gewidmete Amtshandlung, z.B. für die behördliche oder gerichtliche Entscheidung über seinen Antrag oder Rechtsbehelf, eine Beurkundung oder eine Zwangsvollstreckung. Die Nutzungsgebühr entgilt die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung, z.B. von Verkehrsmitteln, Badeanstalten, Schulen. Stets hat der Gebührenschuldner eine ö.r. Leistung individuell empfangen und gibt mit der Gebührenzahlung den Vermögenswert dieser Leistung ganz oder teilweise an die öffentliche Hand zurück. b. Insbesondere: „Verleihungsgebühr“ Nach diesen Maßstäben kommt der Abgabentypus „Gebühr“ für eine Rundfunkabgabe nicht in Betracht, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der Rundfunkprogramme bleiben soll. Dennoch wird erwogen, die Rundfunkabgabe als “Verleihungsgebühr“ zu qualifizieren, durch die der Gebührenschuldner den Erwerb eines subjektiven öffentlichen Rechts entgelten soll. Der Gebührenschuldner erwerbe die Erlaubnis, Rundfunk zu hören. Doch hat diese „Verleihungsgebühr“ stets den verfassungsrechtlich erheblichen Makel, dass in einem Verfassungsstaat Rechte grundsätzlich nicht gegen Entgelt gewährt werden. Die Gleichheit aller vor dem Gesetz - seien sie arm oder reich - wäre gefährdet, die Gebühr kaum noch von der Steuer unterscheidbar, eine Art „Bestechlichkeit“ würde zum Verwaltungsprinzip. Vor allem aber gäbe eine „Kommerzialisierung“ der öffentlichen Verwaltung mit der entgeltabhängigen Vergabe von Berechtigungen eine Errungenschaft des Steuerstaates preis, der staatliche Leistungen durch voraussetzungslose Steuern finanziert und damit die Unbefangenheit des Verwaltungsentscheids gegen fiskalische Ertragsanliegen abschirmt. Der Verfassungsstaat handelt nach rechtstaatlicher Qualität, nicht nach ertragswirtschaftlicher Ergiebigkeit. Eine Verleihungsgebühr ist deshalb in einem Rechtstaat, der Berechtigungen nach Maßstäben des Rechts und nicht nach der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager verleiht, ein Anachronismus. Es empfiehlt sich deshalb, für die Neugestaltung der Rundfunkabgabe weder terminologisch noch in der Entwicklung des Abgabenmaßstabes den Gedanken einer „Verleihungsgebühr“ zu reaktivieren. Der Kauf eines Rechts hat den Anschein der Käuflichkeit dieses Rechts gegen sich. Allerdings würde die Qualifikation der Rundfunkabgabe als „Verleihungsgebühr“ den ihr zugrunde liegenden Befund nicht ändern, dass die Abgabe für ein Programmangebot und nicht für den tatsächlichen Empfang eines Programms erhoben wird. Die rechtliche Fehlqualifikation berührt die verfassungsrechtlichen Maßstäbe, jedoch nicht die Rechtfertigung der Rundfunkabgabe. c. Bemessung der Entgeltabgaben Wenn die Gebühr sich dem Grunde und der Höhe nach aus dem individuell zurechenbaren, von der öffentlichen Hand gewährten Vorteil rechtfertigt, darf sie nicht „als Mittel der staatlichen Einnahmeerzielung in Konkurrenz zur Steuer“ treten. Ihre Ausgestaltung und Bemessung ist in der jeweiligen Sachkompetenz gebunden, richtet sich nach dem empfangenen Vorteil oder dem zu verantwortenden Aufwand, gibt der Belastungsintensität und der Haushaltsplanung im Verhältnismäßigkeitsprinzip - dem Kostendeckungsprinzip wie dem Äquivalenzprinzip - einen abgaberechtlichen Rahmen. Demgegenüber unterscheidet sich der Beitrag von der Gebühr dadurch, dass er nicht den Empfang, sondern das Angebot einer Leistung der öffentlichen Hand entgilt. Der Beitrag beteiligt den Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung, die ihm individualisierbar zur Nutzung zur Verfügung steht. Der Beitrag finanziert die Investition, deren Nutzer noch nicht individuell bestimmt sind, sondern in einer Gruppe vermutet werden. Beiträge erfassen die vermuteten Vorteile, die eine Gruppe aus einem öffentlichen Aufwand ziehen wird. Ökonomisch deckt der Beitrag Fixkosten für das Bereitstellen nutzbarer Einrichtungen, die Gebühr hingegen besondere Kosten, die durch eine Nutzung öffentlicher Einrichtungen verursacht werden. d. Zulässigkeit eines Beitrags Ein Beitrag ist nur zulässig, wenn und soweit er als ö.r. Vorteilsausgleich den Vermögenswert eines Vorzugsangebots abschöpft oder den Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligt (a), ihm einen individualisierbaren Vorteil anbietet (b) oder von einer gruppenbezogenen Leistungspflicht entlastet (c). Ein Beitragsschuldverhältnis darf deshalb nur gegenüber demjenigen begründet werden, der ein vorgefundenes, objektives Interesse an der Errichtung oder Nutzbarkeit einer öffentlichen Einrichtung besitzt. Der Beitragsschuldner hebt sich von der Allgemeinheit der Steuerzahler in der Regel durch eine räumliche Nähe zu der öffentlichen Einrichtung ab. Der Anliegerbeitrag zieht den Anlieger wegen der Nachbarschaftslage seines Grundstücks zu den Erschließungskosten einer öffentlichen Straße heran, weil diese Straße die Nutzbarkeit des angrenzenden Grundstücks verbessert und damit den Grundstückswert steigert. Der Beitrag schöpft die durch die öffentliche Hand bewirkte Wertsteigerung ab. Mit der Kurtaxe entgelten die Kurgäste die befristete, bevorzugende Nutzbarkeit der Kureinrichtungen, die für sie aufgrund der Wahl ihres Aufenthaltsortes von objektivem Interesse sind. Ihre Finanzierungspflicht ergibt sich aus ihrer in der Wahl des Kurortes ersichtlichen Erwartung, dass sie ein auf die Kurgäste ausgerichtetes Angebot zur Nutzung von Kureinrichtungen erreicht. Der Beitrag unterscheidet sich von der Gebühr demnach in dem Erfordernis, die abgabenrechtliche Finanzverantwortung im Typus einer vermuteten Gruppenbevorzugung gesondert zu rechtfertigen. Ist der Beitrag jedoch ebenso wie die Gebühr als Aufwandsausgleich begründbar, so gelten für die Beiträge dieselben Bemessungsmaßstäbe und Kompetenzregeln wie für die Gebühr. In verfassungsrechtlicher Sicht ist der Beitrag eine sorgfältig zu begründende Erscheinungsform einer Vorteilsabschöpfung oder Kostenüberwälzung, jedoch kein eigenständiger verfassungsrechtlicher Abgabentatbestand. Das Bundesverfassungsgericht leitet die Kompetenz des Gesetzgebers zur Einführung außersteuerlicher Abgaben und zur Regelung ihrer Verwendung aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten nach Art. 73ff. GG ab. V. Der für die Rundfunkfinanzierung geeignete Abgabetyp Die Rundfunkabgabe soll den Rundfunk unabhängig von der tatsächlichen Nachfrage, unabhängig von Einschaltquoten und einer finanzwirtschaftlich veranlassten Ausrichtung der Sendungen auf den Publikumsgeschmack finanzieren, der Rundfunkanstalt ihre Unbefangenheit auch für ihre kulturelle Verantwortlichkeit bewahren. Deswegen scheidet ein Leistungsentgelt, die Gebühr aus. In Betracht kommt der Beitrag, der das Sendeangebot entgilt. Dieser Beitrag kann auch - in der Gesetzgebungskompetenz des Rundfunkrechts und der dort angelegten haushaltsrechtlichen Verselbständigung von Rundfunkabgabe und Rundfunkhaushalt - in hinreichender Staatsferne organisiert werden. Die Rundfunkabgabe hat finanziell den Bestand und die Entwicklungsfähigkeit der Rundfunkanstalten zu gewährleisten, muss in dieser autonomiestützenden Funktion staatsfern - jenseits der Steuern - organisiert werden, kann also nur als eine Entgeltabgabe erhoben werden. Wenn diese Abgabe tatbestandlich unabhängig von der individuellen Nutzung des Rundfunkangebotes bleiben soll, weist das Verfassungsrecht auf die Finanzierungsform des Rundfunkbeitrags. Die Belastung des Empfängers der Rundfunkangebote rechtfertigt sich aus dem individualnützigen Vorteil, jederzeit das Hörfunkprogramm und das Fernsehprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks empfangen zu können, damit über eine stetige, individuell erschließbare Quelle der Information, der Unterhaltung, der kulturellen Anregung zu verfügen. Der Rundfunkbeitrag ist die dem Rundfunkverfassungsrecht angemessene Finanzierungsform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet die „Gebührenfinanzierung“ als „die dem ö.r. Rundfunk gemäße Art der Finanzierung“. Sie erlaube dem Rundfunk, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm „anzubieten“, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht“. Diese Abgabe dürfe „ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus“ geknüpft werden. In der Umsatzsteuer-Entscheidung setzt das Bundesverfassungsgericht
die Qualifikation der Rundfunkabgabe als Wenn der Gesetzgeber jedoch eine behutsame Erneuerung der Rundfunkfinanzierung in Kontinuität zu der bisherigen Rundfunkabgabe erwägt, ist eine dogmatische Vergewisserung geboten. Das Abgabenschuldverhältnis zwischen Rundfunkanstalten und Empfängern zielt heute wie zukünftig auf die Empfangsmöglichkeit, nicht auf das tatsächliche Abrufen des Rundfunkprogramms. Deswegen ist ein Beitrag zu erheben. Der Beitrag ist - im Unterschied zur Gebühr - eher auf Gruppen von Empfängern des Rundfunkangebotes ausgerichtet, nicht auf den tatsächlichen Nutzer des Rundfunkangebotes. Der Beitrag ist dementsprechend für eine auf diese Gruppen bezogene Typisierung zugänglich. Seine Bemessung orientiert sich eher an dem Finanzbedarf der zu finanzierenden Anstalt, der nach dem individualisierten Vorteil des Angebotsempfängers verteilt wird. Der grundrechtliche Abgabenmaßstab betrifft mehr die gleichheitsgerechte und maßvolle Verteilung dieser Finanzierungslasten, weniger ein Leistungsäquivalent. Im Beitrag trägt der Empfänger eines Leistungsangebots zur Finanzierung dieser Angebote bei. In einer Nichtannahmeentscheidung vom 6. September 1999 hat das Bundesverfassungsgericht diese Prinzipien nochmals als selbstverständlich bestätigt. Dort hatte ein beschwerdeführendes Hotelunternehmen vom Süddeutschen Rundfunk verlangt, durch technische Vorkehrungen zu verhindern, dass in dem Hotelzimmern Programme ö.r. Rundfunkanstalten empfangen werden können. Dadurch sollte der rechtfertigende Grund für eine „Gebühr“ entfallen. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, weil Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedermann das Recht gebe, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, die Beschwerdeführerin aber nicht behaupte, an dem Empfang der von ihr bevorzugten Programme privater und ausländischer Veranstalter gehindert zu sein. Sie mache vielmehr nur geltend, nicht alle Programme kostenlos empfangen zu können. Eine Garantie kostenloser Information enthalte Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedoch nicht. Damit ist ersichtlich, dass die Rundfunkabgabe als Entgelt für das Programmangebot gerechtfertigt wird, nicht als das Entgelt für die tatsächliche, tatbestandlich erfasste Nutzung dieses Angebots. Die Zahlungspflicht knüpfe „an das Bereithalten eines Rundfunkempfanggeräts zum Empfang“ an, setze nicht das Einschalten dieses Gerätes voraus. Entgolten wird also ein Leistungsangebot. Entgeltabgabe ist der Beitrag. Die Rundfunkabgabe in geltender und in erneuerter Form gewinnt somit im Tatbestand des „Beitrags“ Konturschärfe und hebt sich deutlich von der tatbestandsblassen „sonstigen Abgabe“ ab. D. Die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags I. Fortbildung des geltenden Rechts 1. Der Beitrag von Haushalt und Gewerbebetrieb Das geltende Rundfunkabgabenrecht sieht in den Inhabern von Haushalten und Betriebsstätten zutreffend die typischen Abgabenschuldner, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dauernd, aber unkontrolliert das Angebot von Rundfunkprogrammen entgegennehmen, deshalb zur Finanzierung der Rundfunkanstalten beitragen sollen. Obwohl es eine empirisch gut begründete Vermutung gibt, dass nahezu jeder Mensch in Deutschland das Rundfunk- und Fernsehprogramm nutzt, dieses Programmangebot also eine allgemein genutzte Informationsquelle ist, wird diese Individualnutzung nicht - widerlegbar - unterstellt, sondern in Haushalten und Betriebstätten vermutet. Die Abgabe fordert ein Entgelt für eine vermutete Gruppennutzung, belastet denjenigen, der Programme empfangen kann, nicht notwendig empfangen hat. Tatbestandsvoraussetzung ist das Programmangebot, nicht die tatsächliche Programmnutzung. Dieses Beitragssystem überzeugt. Eine marktunabhängige und dennoch staatsferne, die Rundfunkautonomie stützende und verstetigende Finanzgarantie fordert den Beitrag, der von tatsächlichen Nutzungen (Einschaltquoten) unabhängig ist, dessen Aufkommen originär in die Autonomie der Rundfunkanstalten verwiesen werden kann, der dauernde Finanzquellen bietet und nicht als seltener, in der Regel vorübergehender Ausnahmetatbestand gerechtfertigt werden muss. Der Fehler des geltenden Systems liegt also nicht in der Beitragsbelastung von Haushalten und Gewerbetrieben, sondern in der tatbestandlichen Anknüpfung an das Empfangsgerät, das heute den Tatbestand der typischen Nutzung im Haushalt und Betriebstätte nicht mehr verlässlich erfasst. Während in den Gründerzeiten des Fernsehens das eine Gerät die Nutzung in Haushalt und Betriebstätte zusammenführte, trägt heute jedermann zunehmend sein Rundfunk- und Fernsehgerät in seinem Handy oder PC mit sich. Durch diese tatbestandliche Anknüpfung an das Rundfunkgerät verfehlt das Abgabenrecht heute die gemeinte Wirklichkeit, ist nicht sachgerecht und deshalb gleichheitswidrig, begründet außerdem ein strukturelles, deshalb gleichheitswidriges Erhebungsdefizit, weil der geräteabhängige Tatbestand die vermutete Nutzung nicht erfasst, das Gesetz in seinem die Abgabe rechtfertigenden Belastungsgrund deshalb nicht vollzogen werden kann. Die verfassungsrechtlich gebotene Reform gilt also nicht dem Beitrag, der von den Haushaltungen und Gewerbebetrieben geschuldet wird, sondern dessen Ausgestaltung in dem formalen Tatbestand des Empfangsgerätes. Die Grundkonzeption des Rundfunkbeitrags kann beibehalten werden. Berichtigt werden muss lediglich die Bemessungsgrundlage. 2. Kontinuität der Abgabe „Alte Steuer ist gute Steuer“, so sagt man, bringt damit zum Ausdruck, dass die Bürger vor allem Vertrauen zu dem Recht gewinnen, das ihnen vertraut ist. Das gilt insbesondere für Gegenstände des Rechts, die nicht in der Wirklichkeit vorgefunden werden, sondern durch den Willen des Gesetzgebers geschaffen sind. Wenn das Recht von der Bewegungsfreiheit des Menschen, seiner Gesundheit, seiner Familie oder seiner Wohnung handelt, gewinnt es eine Stetigkeit, weil die rechtlich aufgenommene Wirklichkeit in ihrer Struktur gleich bleibt. Erdenkt der Gesetzgeber hingegen ein Rechtinstitut - wie die Steuer, ein Verfahren oder ein Finanzprodukt -, so schafft das Recht eine neue Wirklichkeit, an die alle Rechtsbeteiligten sich gewöhnen müssen, um dann Vertrauen auch in dieses Recht zu gewinnen. Deshalb lehrt die Rechtsklugheit, das Abgabenrecht behutsam und in schonenden Übergängen zu reformieren, um den Bürger weiterhin im Vertrauten zu binden. Andererseits sind offensichtliche Mängel des Abgabenrechts abzuschaffen, um nicht eine Abgabe an ihrer fehlenden Plausibilität und Vertrauenswürdigkeit scheitern zu lassen. Die „Rundfunkgebühr“ ist den Menschen in Deutschland vertraut, hat das allgemeine Rechtsbewusstsein begründet, dass jedermann für das Angebot ö.r. Rundfunkprogramme eine Abgabe zu zahlen hat. Doch drohen Protest und Widerstand gegen diese „Rundfunkgebühr“ stetig zu wachsen, je weniger die geräteabhängige Abgabe überzeugt. Wenn das Haushaltsgerät auch als Empfangsgerät genutzt wird, im Handy neben Telefongesprächen auch Funksendungen empfangen werden, der PC gespeicherte Daten, aber auch Sendungen übermittelt, schwindet das Bewusstsein, dass diese Geräte den Weg zu einer ö.r. Informationsquelle vermitteln, die durch Abgaben finanziert werden muss. Wenn das Empfangsgerät nicht die häusliche oder gewerbliche Empfangsgemeinschaft zusammenführt, diese Empfangsgemeinschaften sich nicht wegen eines Gerätes sondern trotz vieler Geräte bilden, erscheint die Geräteanknüpfung heute nicht mehr sachgerecht. Wenn die Tarife für häusliche und gewerbliche Nutzung verschieden sind, gerade transportable Geräte aber in beiden Empfangsbereichen genutzt werden, kann diese Abgabenbemessung nicht überzeugen. Der überzeugende Belastungsgrund der Abgabe droht verloren zu gehen, dieses Recht damit seine Vertrauensgrundlage zu verlieren. Deshalb ist die erneuerte Abgabe behutsam so zu bemessen, dass die vertraute Abgabe ersichtlich erhalten bleibt, deren Strukturfehler aber ebenso offensichtlich bereinigt wird. Dieses Ziel lässt sich erreichen, wenn (1.) Gläubiger (Rundfunkanstalten) und Schuldner (Inhaber von Haushaltungen und Betriebsstätten) beibehalten werden, (2.) der rechtfertigende Grund der Rundfunkabgabe - das allgemeine Angebot von Rundfunksendungen - fortgilt, (3.) die Abgabenhöhe der gewohnten Last entspricht, für die privaten Haushaltungen möglichst im gleichen Euro- und Centbetrag, (4.) der Verfremdungstatbestand der Geräteabhängigkeit entfällt, damit die notwendige Reform ersichtlich wird, und (5.) diese Erneuerung im Begriff des „Rundfunkbeitrags“ ins allgemeine Bewusstsein gerückt wird. 3. Stärkung der Rundfunkidentität Eine der wesentlichen Bedingungen und Folgen verfassungskonformer Rundfunkfinanzierung ist die „Identifizierbarkeit ö.r.r Programme“. In einem dualen System muss sich auch die Rundfunkfinanzierung vom privaten Rundfunk abheben. Doch sind deswegen andere Finanzierungsquellen neben der Gebührenfinanzierung von verfassungswegen nicht ausgeschlossen. Das gilt grundsätzlich auch für Einnahmen aus Werbung oder Sponsoring, soweit deren vielfaltverengende Wirkung die Gebührenfinanzierung nicht in den Hintergrund drängt. Das Bundesverfassungsgericht fordert insbesondere eine „fortwährende Überprüfung, wie weit die mit der teilweisen Finanzierung über Werbung und Sponsoring verbundene Erwartung, sie könne die Unabhängigkeit des ö.r. Rundfunks gegenüber dem Staat stärken, die Nutzung dieser Finanzierungsarten angesichts der mit ihr verbundenen Risiken“ weiterhin rechtfertigen kann. Der Gesetzgeber habe Vorsorge zu treffen, dass der ö.r. Rundfunk seine Funktion unbeeinflusst von jeglicher Indienstnahme - auch für ökonomische Zwecke - erfüllen kann. Die nun verfassungsrechtlich gebotene Erneuerung der Rundfunkabgabe bietet die Gelegenheit, diesen Überprüfungs- und Vorsorgeauftrag an den Gesetzgeber zu erfüllen. Würde der Gesetzgeber sich entscheiden, den ö.r. Rundfunk gänzlich - vor dem Hintergrund der gebotenen Aufkommensneutralität auch schrittweise - ohne Werbung und Sponsoring zu finanzieren, wäre die Identität der Rundfunkanstalten und des Rundfunkprogramms - ein Programmablauf ohne jegliche Werbeunterbrechung - in eindrucksvoller Weise hervorgehoben. Die Notwendigkeit des Rundfunkbeitrags wäre für jedermann ersichtlich, weil er sich mit dem erneuerten Rundfunkbeitrag u. a. die Werbefreiheit dieses Programms erkauft. Die in besonderer Weise freiheitssensible Garantie des ö.r. Rundfunks wahrt Distanz zu jeder Interessentenfinanzierung, stützt sich ausschließlich auf die Allgemeinheit der Abgabenschuldner, die in einem Massenverfahren in Kleinbeiträgen ohne Lenkungseffekt den Rundfunk finanzieren. Das Verbot von Werbung und Sponsoring kann allerdings generell nur für die Eigenproduktion der Rundfunkanstalten gelten, nicht für den Kauf von Programmen, die nur unter den Bedingungen des Sponsorings erwerbbar sind. Demgegenüber droht nicht die Gefahr, die ausschließliche Finanzierung des ö.r. Rundfunks durch eine Abgabe könne dessen Unabhängigkeit gegenüber dem Staat mindern. Der Rundfunkbeitrag wird auf der Grundlage eines Staatsvertrages unter den Bundesländern mit gegenläufigen politischen Prägungen erhoben, der Finanzbedarf in einem mehrstufigen, neutralitätssichernden Verfahren festgesetzt, die Gesamtentscheidung verschiedenen, gewaltenteilend wirkenden Gremien anvertraut. Der Rundfunkbeitrag birgt auch als ausschließliche Finanzquelle des ö.r. Rundfunks nicht die Gefahr, dass die Rundfunkanstalten in der staatlichen Entscheidungskompetenz nicht angemessen finanziell ausgestattet würden, auch nicht das Risiko, dass der schonende Ausgleich zwischen dem rundfunkautonom definierten Finanzbedarf und dem Schutz des Abgabenschuldners vor übermäßiger Last durch die Landesregierungen und Landesparlamente in ihrer demokratischen Verantwortlichkeit gegenüber dem Wähler verfehlt würde. Ein Verzicht auf die Finanzierung des Rundfunks durch Werbung und Sponsoring bietet somit die Chance, das Reformanliegen eines Rundfunkbeitrags sinnstiftend bewusst zu machen, die Identität des ö.r. Rundfunks im dualen System einprägsam hervorzuheben, Gefahr und Verdacht einer Rücksichtnahme der Rundfunkanstalten auf ihre privaten Geldgeber aus der Welt zu räumen, den Einfluss des Rundfunkfinanziers auf die Rundfunkanstalten in der Allgemeinheit der Abgabenschuldner und der Untauglichkeit der Rundfunkbeiträge als Lenkungsmittel aus dem ö.r. Rundfunk zu verbannen. 4. Gesetzliche Typisierungen Der Rundfunkbeitrag ist eine Abgabe, die viele Millionen Haushalte und Gewerbebetriebe monatlich mit einem Betrag in überschaubarer Höhe belastet. Der Beitrag muss wegen der Vielzahl der Steuerschuldner, der Häufigkeit der (monatlichen) Erhebung und der Geringfügigkeit des jeweils erhobenen Betrages einfach und praktikabel ausgestaltet werden. Das verfassungsrechtlich anerkannte Instrument für die Praktikabilität von Abgaben- und insbesondere von Steuergesetzen in Massenvorgängen ist die Typisierung. a. Der verständliche Belastungsgrund Jedes Gesetz muss in dem Auftrag, das Rechtserhebliche hervorzuheben, das Rechtsunerhebliche hingegen im Dunkel des tatbestandlich Bedeutungslosen zu belassen, verallgemeinern. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Diese gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst alle betroffenen Gruppen und Regelungstatbestände einschließende Beobachtung aufbauen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Zudem spricht der Schutz der Privatsphäre für die Gesetzestechnik der Typisierung. Gesetzliche Festlegungen und Vermutungen verringern Ermittlungen im Privatbereich. Vor allem bei der Ordnung steuerlicher Massenerscheinungen und deren Abwicklung hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsraum für typisierende und pauschalierende Regelungen, die den Gesetzesvollzug ermöglichen und erlauben. In nunmehr gefestigter Rechtsprechung betont das Bundesverfassungsgericht insbesondere für das Steuerrecht, dass der Abgabengesetzgeber bei der Regelung von Massenvorgängen des Wirtschaftslebens einen Typisierungsraum habe. Die Gesetze müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Art. 3 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den zu regelnden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt auch insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Die Gründe gesetzlicher Typisierung - die Einsichtigkeit der Abgabe, die Praktikabilität des Gesetzesvollzugs, die Unausweichlichkeit der Abgabenlast und die Schonung der Privatsphäre - gelten in besonderer Weise für den Rundfunkbeitrag. Wenn der Rundfunkbeitrag wegen seiner derzeitigen Ausgestaltung als Geräteabgabe seine innere Überzeugungskraft verliert, er damit das Vertrauen und die Befolgungsbereitschaft der Abgabenschuldnern einbüßt, lässt sich dieses verfassungsrechtliche Defizit nur beheben, wenn die bisherige Bemessungsgrundlage so fortgebildet wird, dass die Beitragsschuldner die ihnen auferlegte Last verstehen können. Ziel des Gesetzes ist dabei, dass die Schuldner die Abgabe einsehen können, nicht, dass sie eine Abgabe begrüßen sollten. Dieses Gesetzgebungsziel muss im Zusammenwirken mit der weiteren verfassungsrechtlichen Vorgabe verwirklicht werden, den Abgabentatbestand von der tatsächlichen individuellen Nutzung - von Einschaltquoten - unabhängig zu machen. Deshalb liegt es nahe, in einen Beitragstatbestand die übliche Nutzung der Fernsehprogramme zu belasten und dabei auf die tatsächlich und normativ vorgegebenen Nutzergruppen zuzugreifen. b. Praktikabilität und Unausweichlichkeit Die Vollzugspraktikabilität fordert eine einfache, vergröbernde Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags, weil ein relativ geringer Beitrag in einem Massenverfahren erhoben werden muss, die rechtliche Differenzierung der Abgabenlast deshalb so weit zurückzunehmen ist, dass die Beitragspflicht verlässlich - gleichheitsgerecht - vollziehbar ist. Eine Belastung der Fernsehnutzer je nach den täglich abgerufenen Rundfunksendungen wäre, soweit technisch überhaupt möglich, so vollzugsaufwendig, dass die Ergiebigkeit der Abgabenquelle gefährdet erschiene. Zudem lässt sich in einem freiheitlichen Verfassungsstaat unter den Bedingungen der modernen Rundfunktechnik praktisch nicht mehr ermitteln, wer an welchem Gerät zu welcher Zeit Radio gehört oder Rundfunk empfangen hat. Eine differenzierend bemessene Rundfunkgebühr erforderte ein inquisitorisches Erhebungsverfahren, das in einem Rechtsstaat schlechthin ausgeschlossen ist. Der Rundfunkbeitrag ist so zu gestalten, dass die gesetzlich vorgesehene Beitragslast auch tatsächlich jeden Beitragsschuldner trifft, der Beitragsschuldner also nicht durch Sachverhaltsgestaltungen oder Sachverhaltsverschleierungen der Abgabenlast ausweichen kann. Die gegenwärtige, geräteabhängige Abgabenlast lädt zu Vermeidungsstrategien ein, wenn die Zuordnung eines Gerätes zum Haushalt oder zum Gewerbetrieb Abgabenvorteile verspricht. Sie erleichtert Verschleierungen, weil der Besitz eines Gerätes für die Rundfunkanstalten und die GEZ nicht ersichtlich ist, gerade moderne Kleingeräte sich leicht verbergen lassen, oft auch von den Geräteinhabern wegen ihrer Vielfachfunktionen nicht als Rundfunkgerät verstanden und genutzt, oder aber im Willen gegen die Beitragszahlung nicht als Rundfunkempfangsgerät definiert werden. Deshalb muss der Rundfunkbeitrag sich von der Geräteabgabe lösen und eine Bemessungsgrundlage wählen, die von der Funktion eines Gerätes, seinem Standort und seiner tatsächlichen Nutzung unabhängig ist. Auch das Erfordernis der Unausweichlichkeit einer Abgabe weist auf eine Bemessungsgrundlage, die den Rundfunkbeitrag bei der vermuteten Gruppe der Rundfunknutzer erhebt, die technische Art der Nutzung aber in den Bereich des tatbestandlich Unerheblichen verweist. c. Schutz der Privatsphäre Diese Art der Beitragsbemessung wird auch durch den verfassungsrechtlichen Schutz der Privatheit gefordert und bestärkt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG garantiert dem Menschen einen „Innenraum“, zu dem gerade auch die öffentliche Hand keinen Zutritt haben soll, in dem er „in Ruhe gelassen wird“. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schirmt einen Bereich privater Lebensgestaltung ab, in dem der Mensch die Möglichkeit hat, „frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein“. Dieser private Rückzugsbereich vor staatlicher Einsichtnahme betrifft auch die Pflicht, im Abgabenrecht Angaben machen zu müssen. Die Angaben, die ein Abgabepflichtiger zu machen hat, ermöglichen weitreichende Einblicke in die persönlichen Verhältnisse, die persönliche Lebensführung, auch in die beruflichen und betrieblichen Verhältnisse. Der Empfänger dieser Abgaben gewinnt ein Wissen über die Betroffenen, das „in entsprechende Macht über die Betroffenen umschlagen kann“. Der grundrechtliche Datenschutz setzt dieser Erhebung, aber auch der Verwendung und Weitergabe solcher Angaben verfassungsrechtliche Grenzen. Die Rundfunkabgabe findet deshalb bereits in den Tatbeständen, die erfragt und ermittelt werden müssen, eine Schranke in dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Hinzu tritt die Ermittlungsschranke durch die Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG), das Recht des Nutzungsberechtigten, über die Zugänglichkeit der Wohnung für andere selbst zu entscheiden. Behördliche Betretungs- und Besichtigungsrechte sind gegenüber der Wohnung nur bei konkreten, schwerwiegenden Verdachtstatbeständen zulässig. Gegenüber den Geschäftsräumen, die nach dem Willen des Inhabers nach außen geöffnet sind und deswegen nur einen verminderten Schutz beanspruchen dürfen, sind sie im Dienst eines gesetzlich, verfassungskonform definierten Zweckes zulässig. Nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben ist die Bemessungsgrundlage des Rundfunkbeitrages so zu gestalten, dass die Ermittlung und die Erhebung des Beitrags möglichst wenig persönlichkeitsbezogene Daten erfasst, außerdem ein Betreten zumindest der Wohnungen erübrigt. Solange die Abgabe an Geräte anknüpft, müssen diese ermittelt, also das Nutzerverhalten der Gerätebesitzer erforscht und letztlich auch Kontrollen in Wohnungen durchgeführt werden. Nimmt der Gesetzgeber hingegen die Bemessungsgrundlage des Rundfunkbeitrags auf die vermutete Nutzung durch Haushalte und Gewerbebetriebe zurück, bleibt der Abgabentatbestand im Vorfeld individualisierenden Datenschutzes und des Schutzbereiches der unverletzlichen Wohnung. Im Ergebnis verlangen somit die Erfordernisse einer einsichtigen, vollzugsfähigen, unausweichlichen, die Privatheit schonenden Abgabe eine Typisierung der Rundfunkabgabe, die den Nutzer der Rundfunkprogramme zur Finanzierung der Rundfunkanstalten - staats- und marktfern - heranzieht, dabei aber nicht die individuelle, tägliche Fernsehnutzung ermittelt, sondern die Bemessungsgrundlage auf die vermutete, übliche Nutzung ausrichtet. Deswegen ist nicht eine Rundfunkgebühr, sondern ein Rundfunkbeitrag zu erheben. Dieser Beitrag hat nicht den einzelnen Rundfunkteilnehmer in seiner individuellen, vielleicht täglich wechselnden Nutzungsgewohnheit zu typisieren, sondern die üblichen Nutzergruppen zu belasten. d. Wahrscheinlichkeitsmaßstab Wählt der Gesetzgeber statt eines Wirklichkeitsmaßstabes einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab, so muss dieser so bemessen werden, dass Tatbestand und Bemessungsgrundlage den Belastungsgrund als „wenigstens wahrscheinlich“ erfassen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab nutzt den gesetzgeberischen Gestaltungsraum für die Realitätsnähe der Abgabenbemessung. Dieser Gestaltungsraum entbindet aber nicht von der notwendigen inhaltlichen Ausrichtung der Abgabe auf den Belastungsgrund. Diese Realitätsnähe des Belastungsgrundes ist insbesondere bei den indirekten Steuern problematisch, die aus erhebungstechnischen Gründen den Unternehmer belasten, aber den Konsumenten meinen. Diese Problematik stellt sich bei der Belastung der - vermuteten - Rundfunknutzer nicht. In der Bemessungsgrundlage allerdings muss der Wahrscheinlichkeitsmaßstab den rechtfertigenden Grund der Rundfunkabgabe hinreichend erfassen. 5. Der vermutete Belastungsgrund a. Verteilungs- oder Tauschgerechtigkeit Der Rundfunkbeitrag soll den Aufwand - staats- und marktfrei - finanzieren, der den Rundfunkanstalten bei der Erfüllung ihres Auftrags entsteht. Finanzierungsgegenstand ist also die allgemein zugängliche Quelle des öffentlichen Rundfunks in seinen ökonomischen Grundlagen. Zur Finanzierung dieser Aufgabe soll derjenige beitragen, dem die Rundfunkprogramme zugute kommen. Im Rahmen dieses rechtfertigenden Grundes hat der Gesetzgeber zu entscheiden, ob er eher die Wirkung der Rundfunkprogramme als allgemein zugängliche Quellen individuellen und öffentlichen Wissens, Meinens, Erlebens und Freizeitgestaltens würdigt, oder ob er mit dem Beitrag ein Entgelt für die vermutete individuelle Nutzung der Programme fordert. Eine Finanzierung der allgemein zugänglichen Quelle belastet grundsätzlich jedermann im Einwirkungsbereich des ö.r. Rundfunks, weil er den Vorteil hat, nach individuellem Belieben auf diese Quelle seiner Information, Meinungsbildung, Unterhaltung und kulturellen Anregung zurückzugreifen. Diese Bemessungsgrundlage betont die Unabhängigkeit der Rundfunkfinanzierung von der tatsächlichen Nutzung der einzelnen Sendungen (Quote), begründet die Beitragslast mit dem strukturellen Vorteil, den jedermann aus dem Wirken der ö.r. Rundfunkanstalten zieht. Die traditionelle Konzeption eines Beitrags wählt die vermutete individuelle Nutzung zur Bemessungsgrundlage, fordert also einen Vorteilsausgleich von demjenigen, der das ö.r. Rundfunkangebot üblicherweise nutzt, deswegen mit seinem Beitrag die Finanzautonomie dieser Anstalten sichern, insbesondere eine staatsabhängige Steuerfinanzierung und eine marktabhängige Entgeltfinanzierung erübrigen muss. Die Bemessungsgrundlage des auf die Allgemeinheit verteilten Finanzbedarfs der ö.r. Rundfunkanstalt und des individuell vermuteten Nutzungsvorteils fließen ineinander. Aufwendungen für die allgemeine Informationsquelle wirken als Kosten der individuellen Nutzung. Deshalb empfiehlt es sich, den Beitragstatbestand so zu bemessen, dass beide Belastungsgründe - der Aufwand des Sendeanbieters und die Kosten des Sendeempfängers - ineinandergreifen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass beide Rechtfertigungsgründe selbstständig tragen und den Belastungsgrund unterschiedlich akzentuieren. Die anstaltsbezogene Bemessung regelt eine Verteilungsgerechtigkeit, die nutzerbezogene eine Tauschgerechtigkeit. Das Beitragsrechtsverhältnis begründet eine Rechtsbeziehung zwischen den erhebungsberechtigten ö.r. Rundfunkanstalten und den beitragspflichtigen Empfängern der Rundfunkprogramme. In diesem Abgabenschuldverhältnis begegnen sich der anstaltsbezogene Bedarfstatbestand und der nutzungsbezogene Vorteilstatbestand. Wird die Bemessungsgrundlage des Beitrags in der vermuteten Nutzung der Rundfunkprogramme, dem Empfang des Programmangebots, der individuell vermuteten Zugänglichkeit der allgemein zugänglichen Informationsquelle des ö.r. Rundfunks bestimmt, so ist der Belastungsgrund sachgerecht definiert. Dabei kann der Gesetzgeber von der Vermutung ausgehen, dass die Inländer in Deutschland regelmäßig einen Vorteil aus dem Rundfunkangebot ziehen, weil die Nutzbarkeit dieses Angebotes den Handlungsraum ihrer Meinungs- und Informationsfreiheit, ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit, bei beruflicher Nutzung auch ihrer Berufsfreiheit deutlich erweitert und sie dieses Angebot in der Regel auch nutzen. b. Widerlegbare Vermutung Die Allgemeinheit des Programmangebotes und der vermuteten Programmnutzung berechtigt zu der Annahme, dass in der Gegenwart moderner Medienoffenheit und vielfältiger Medientechnik nahezu jedermann das Rundfunkangebot nutzt. Dennoch wird es - eher seltene - Fälle geben, in denen die Annahme des Programmangebotes und dessen Nutzung tatsächlich oder durch objektive nachhaltige Vorkehrungen ausgeschlossen ist. Der Bewohner einer in einem Funkloch gelegenen Alpenhütte oder der Wohnsitzinländer, der sich in einer für den Vermutungsmaßstab erheblichen Zeit - ein Jahr - ständig im Ausland aufhält, werden unter Hinweis auf das Erfordernis der Realitätsnähe des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes einwenden, dass die gesetzliche Typisierung ihren Sachverhalt nicht träfe, also widerlegbar sein müsse. Dazu genügt nach der Konzeption eines Rundfunkbeitrags allerdings nicht der Hinweis, der Empfänger des Rundfunkangebots habe kein Empfangsgerät, er habe durch technische Vorkehrungen den Empfang ausgeschlossen oder ein Betrieb habe den Empfang während der Betriebszeiten untersagt. Die Frage, ob eine Regelvermutung mit Ausnahmevorbehalt erforderlich ist, bestimmt sich nach den Konzepten einer anstaltsbezogenen Verteilungsgerechtigkeit oder einer nutzerbezogenen Tauschgerechtigkeit. An dem Vorzug eines funktionierenden ö.r. Rundfunksystems für die Kultur, die Demokratie, die Urteilskraft und die Erwerbsbedingungen in einem Gemeinwesen hat jeder Inländer teil, mag er auch das Angebot individuell nicht nutzen oder nicht nutzen können. Er ist durch die medienbedingte oder mediengestützte Informationskultur mit begünstigt. Eine von der tatsächlichen Nutzbarkeit abhängige Entgeltabgabe hingegen fordert einen widerlegbaren Wahrscheinlichkeitsmaßstab, bei dem ein nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht Nutzungsfähiger oder ein Nichtempfänger des Angebots die gesetzliche Vermutung widerlegen, sich insoweit von der Beitragspflicht befreien kann. Da der Beitrag in der Tradition des deutschen Beitragsrechts eher den ö.r. Vorteilsausgleich regelt, den Vermögenswert eines Vorzugsangebotes abschöpft, den Interessenten an den Kosten einer öffentlichen, ihm einen individualisierbaren Vorteil anbietenden Einrichtung beteiligt, erscheint es um der Rechtssicherheit und der öffentlichen Akzeptanz willen geboten, eine widerlegbare Regelvermutung zu schaffen, also in der Beitragsbemessungsgrundlage eine allgemeine Nutzbarkeit des generellen Programmangebotes zu vermuten, dessen Widerlegung aber in einem individuellen Antragsverfahren zuzulassen. Diese Ausnahme wird allerdings bei der näheren Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage in einer vermuteten Gruppenbevorzugung (Haushalte, Betriebsstätten) kaum praktische Bedeutung gewinnen. 6. Beitragsbelastung der Gruppe, nicht der Einzelperson a. Realitätsgerechte Typisierung Wenn der Rundfunkbeitrag eine Regelvermutung begründet, jedermann werde grundsätzlich in Deutschland Rundfunk empfangen, ist diese Vermutung als Grundsatzaussage richtig. Sie berücksichtigt aber nicht die erheblich unterschiedliche Intensität, in der die einzelnen Empfänger der Rundfunksendungen das Hörfunk- und Fernsehangebot tatsächlich nutzen. Mancher beschränkt sich auf den gelegentlichen Empfang von kurzen Informationssendungen, ein anderer nutzt den Rundfunk als ständigen Tagesbegleiter und das Fernsehen zumindest zur regelmäßigen Nachmittags- und Abendgestaltung. Diese tatsächlich erheblichen Unterschiede würden bei einer Beitragsbelastung aller Inländer - oder aller volljährigen Inländer - in gleicher Höhe nicht erfasst. Deswegen ist zu prüfen, ob die im Beitragstatbestand vermutete Nutzung des Rundfunkprogramms deutlicher differenziert werden kann. Der verfassungsrechtliche Korridor dieser Tatbestandsverdeutlichung ist allerdings eng umgrenzt. Das aus der Autonomie der Rundfunkanstalten folgende Gebot der Staatsferne und der Marktunabhängigkeit fordert eine Typisierung nach der vermuteten Nutzung. Das verfassungsrechtliche Gebot der Einsichtigkeit, Vollzugspraktikabilität, Unausweichlichkeit, des Schutzes der Privatsphäre und der Unverletzlichkeit der Wohnung fordern einen Beitragstatbestand, der den beitragsrechtlich gemeinten Belastungsgrund in einem einsichtigen und einfachen Anknüpfungstatbestand erfasst und leicht vollziehbar aus dem geläufigen Recht der Rundfunkabgabe weiterentwickelt. b. Haushalte Die unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten der Rundfunkteilnehmer lassen sich in einer einfachen, vollziehbaren, unausweichlichen und grundrechtschonenden Weise erfassen, wenn der Beitragstatbestand sich auf die Gruppe eines Privathaushaltes bezieht und nicht die Einzelperson des Rundfunkempfängers belastet. Im Privathaushalt finden sich auch nach gegenwärtigen Lebensgewohnheiten regelmäßig die Familie und andere Wohngemeinschaften zusammen, die das Programmangebot nutzen oder eine Nutzungsmöglichkeit in Anspruch nehmen. Auch die unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten von Jung und Alt - die Nutzung klassischer und neuer Empfangsgeräte - lassen sich bei typisierender Betrachtungsweise im Haushalt zusammenfassen und zu einem gewissen Grad ausgleichen. Vor allem aber bietet der Privathaushalt die einzige soziale Gruppe, in der unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten - die Nichtnutzung des Kleinkindes, die nur abendliche Nutzung des Erwerbstätigen, die Rundumnutzung des älter gewordenen Menschen (???), die vormittägliche Radionutzung des erziehenden Elternteils - sich begegnen und gegeneinander ausgleichen können. Deswegen erscheint der schon im bisherigen Recht erprobte und bewährte Abgabenzugriff auf den privaten Haushalt sachlich vertretbar, zumal bereits heute durch die Befreiung der Zweitgeräte der Haushalt zur Bezugsgröße der Abgabepflicht geworden ist. Zudem nimmt dieser gesetzliche Tatbestand einer sozialen Gruppe die Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 GG auf, die die Gemeinschaft von Eltern und Kindern - als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, als Hausgemeinschaft und später als Begegnungsgemeinschaft - schützt. Jenseits dieses Haushaltskerns der „bürgerlichen Kleinfamilie“ als „familiales Grundmuster“ bietet der Privathaushalt in der Vielfalt moderner Lebensformen stets Gemeinschaften, die auf ein Zusammenleben - auch in allen Formen des Rundfunkempfangs - angelegt sind. Insoweit üben die Beteiligten ihre Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1) in ihrer unverletzlichen Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG), dem räumlich - formalisiert umhegten Privatbereich aus, beanspruchen den „inneren Wohnungsschutz“ als Mittelpunkt ihrer menschlichen Entfaltung und individuellen Persönlichkeitsgestaltung. Der Abgabengesetzgeber erfasst und bündelt also unterschiedliche Formen der Rundfunknutzung in der sozialen Gemeinschaft, die in besonderer Weise „unverletzlich“ ist, deswegen weiteres Fragen und Nachforschen nicht erlaubt. Dieser Tatbestand kann in der Wohnung formalisiert erfasst werden. Schließlich stützt sich ein Beitrag regelmäßig auf einen Tatbestand, bei dem der Vorteil eines öffentlichen Aufwandes nicht bei einer Einzelperson individualisierbar ist, sondern nur für eine Gruppe sachnaher Empfänger staatlicher Leistungsangebote vermutet wird. Der Beitrag unterscheidet sich von der Gebühr in der größeren Allgemeinheit der Finanzierungsverantwortlichkeit der Abgabenschuldner. Nicht der Empfänger, sondern die Interessenten an einem öffentlichen Leistungsangebot werden zur Finanzierung der Kosten herangezogen. Die Haushaltsabgabe gilt deshalb jeden der Wohnung zuzurechnenden Erhalt des Leistungsangebots (Autoradio, Nutzung durch Haushaltshilfe, Dauergäste) ab. Auch für die Zweitwohnung gilt die Regelvermutung, dass der Beitrag für eine Wohnung den Leistungsempfang für alle Wohnungsinhaber entgilt, eine weitere Gebühr für die Zweitwohnung also nicht entsteht. Hier mag zusätzlich zwischen der berufsbedingten Zweitwohnung eines Arbeitnehmers, der Betriebsstätte in einer Zweitwohnung und der Ferienwohnung unterschieden werden. c. Betriebsstätte Auch die Zusammenarbeit in einem Unternehmen führt zu einer sozialen Gruppe, in der Menschen typischerweise Rundfunkprogramme empfangen. Allerdings ist die Intensität dieses Rundfunkempfangs höchst unterschiedlich. Gelegentlich werden Betriebscomputer lediglich für einen kurzzeitigen, gezielten Empfang genutzt. Andere Betriebe begleiten den Betriebsalltag mit stetigen Radiosendungen. Wieder andere bieten Hörfunk- und Fernsehsendungen zur Gestaltung und Anregung der Arbeitspausen. Wieder andere statten ihren Außendienst durch Autoradios oder Empfangsgeräte in Arbeitsaußenstellen mit Empfangsmöglichkeiten aus. Der Gewerbebetrieb beansprucht den Rundfunk regelmäßig auch für den Empfang erwerbsdienlicher Informationen, Einschätzungen und Kommentare. Der Gesetzgeber darf im Rahmen seines Gestaltungsraumes diese Nutzungsarten als eigenständige Empfangsgruppen erfassen, muss sie nicht als rechtlich unerhebliche Nebentatbestände neben dem Empfangstatbestand des Privathaushaltes werten. Der Erwerbsbetrieb trifft typischerweise eigene Vorkehrungen für den Rundfunkempfang während der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit, ermöglicht für einen wesentlichen Teil des Tagesablaufes diesen Empfang. Der Gesetzgeber kann deshalb auch den Gewerbebetrieb als eine Empfangsgruppe zum Rundfunkbeitrag heranziehen. Einen einfachen, einsichtigen, leicht vollziehbaren, unausweichlichen und grundrechtschonenden Anknüpfungstatbestand bietet die behördliche Konzession zum Betrieb einer Erwerbseinheit. Dabei muss das Gewicht und die Intensität des vermuteten Empfangs von Rundfunksendungen je nach Betriebsgröße differenziert werden. Die Zahl der Arbeitnehmer mag als sachgerechter Unterscheidungsmaßstab dienen. Vertretbar ist es, den gewerblichen Empfang im Vergleich zum Haushaltsempfang geringer zu gewichten. Die privaten Haushaltungen sind für manche Stunde offen für eine Lebensgestaltung ausschließlich durch Rundfunkempfang. Die Zusammenkünfte der Menschen im Erwerbsleben hat grundsätzlich den Zweck der Erwerbstätigkeit; der Rundfunkempfang bleibt Begleiterscheinung. Allerdings sind Haushalt und Betriebsstätte gleichwertige Orte des Rundfunkempfangs. Deshalb empfiehlt es sich, den Erstbeitrag für jede Betriebsstätte in gleicher Höhe zu bemessen wie den Beitrag für einen Privathaushalt. Bei gleichem Erstbeitrag ist es unerheblich, ob die Wohnung überwiegend zur persönlichen Lebensgestaltung oder zur Ausübung eines Berufs genutzt wird. Die Beitragsschuld entsteht ein Mal in gleicher Höhe. Die Bemessungstatbestände (Degressionen) sollten dann mit wachsender Zahl der Arbeitnehmer, der Hotelzimmer oder der Mietwagen einsetzen. Die Erwerbstätigen haben bereits in ihrer Wohnung den Rundfunkbeitrag bezahlt; sie wären berechtigt, dort Tag und Nacht das Angebot der Rundfunkanstalten zu empfangen. Wenn sie nunmehr in einer anderen Empfangssituation tatbestandlich erfasst werden, ist dieses gerechtfertigt, weil der Betriebsinhaber eine wohnungsunabhängige Empfangsmöglichkeit bietet, diese auch qualitativ anders - nicht zur privaten Lebensgestaltung sondern als Begleiterscheinung des Erwerbens - genutzt wird. Deswegen darf die Beitragshöhe nach dem Erstbeitrag deutlich fallen. Der Fließbandproduzent bietet seinen Arbeitnehmern nur den Hörfunk, nicht das Fernsehen. Der Hotelier eröffnet Nutzungsmöglichkeiten in seinen Zimmern als Ersatzwohnung, die eine gleichzeitige Entgegennahme des Programmangebots in der eigenen Wohnung ausschließt. Der Betreiber eines Fuhrparks oder der Autobesitzer bieten einen Hörfunkempfang an, der in tatsächlicher Alternativität zur Nutzung der häuslichen Empfangsmöglichkeiten - einschließlich des eigenen Autoradios - stehen. Dem beitragspflichtigen Inhaber von Betriebsstätten dürfen auch Betriebe der öffentlichen Hand zugerechnet werden. Zwar ist die öffentliche Hand Abgabengläubiger, nicht Abgabenschuldner. Sie müsste eine Beitragsschuld aus Abgabeerträgen bezahlen. Deshalb liegt der Gedanke nahe, die Hoheitsträger strukturell von der Beitragsschuld auszunehmen. Doch erscheint es vertretbar, in dem Massenverfahren der Erhebung eines Rundfunkbeitrages alle Betriebsstätten - der privaten wie der öffentlichen Hand - einzubeziehen, um keine Verzerrungswirkungen zwischen wettbewerbenden Unternehmen der öffentlichen und der privaten Hand zu verursachen, außerdem die Abgrenzung zwischen Hoheitsbetrieben, ausgegliederten Privatbetrieben, beliehenen Unternehmen und Privatunternehmen bei Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand zu erübrigen. Die Anforderung an eine einfache, gleichheitsgerechte, unausweichliche und grundrechtschonende Erhebung des Rundfunkbeitrags im Massenverfahren eröffnet dem Gesetzgeber einen großen Typisierungsraum. 7. Beitragsbefreiung für sozial Schwache ? Schließlich stellt sich die Frage, ob das Recht eines Rundfunkbeitrags eine Ausnahme für diejenigen Nutzer vorsehen muss, die nach ihren persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen diesen Beitrag nicht bezahlen können. Der moderne Mensch ist auf das Angebot der ö.r. Rundfunkanstalten angewiesen, will er an der öffentlichen Debatte einer modernen Demokratie, an der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, an allgemeiner Kultur und Unterhaltung, an allgemein zugänglichen Quellen der Information teilhaben. Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG202 und die aus den Grundrechten folgenden staatlichen Schutzpflichten veranlassen die verfassungsrechtliche Frage, ob ein einzelner Bürger allein wegen seiner Zahlungsschwäche von der Nutzung der ö.r. Rundfunkprogramme ausgeschlossen werden kann. Diese Frage ist zu verneinen. Das freiheitsgerechte Konzept des Grundgesetzes, jedem Menschen ein existenzielles und kulturelles menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern, verfolgt die Konzeption, jedem Menschen dank seiner rechtlich garantierten Würde und Freiheit die geldwerten Finanzmittel zu gewähren, die er für eine freiheitliche Gestaltung seines Lebens braucht. Der Staat gewährt also grundsätzlich nicht Sach- und Dienstleistungen - staatlich bestimmte Wohnungen, Kleidungen oder Fernsehprogramme -, sondern befähigt den Freiheitsberechtigten durch Geldzahlungen, nach eigener Wahl die für ihn existenziell und kulturell benötigten Leistungen zu erwerben. In diesem System bestimmt der Freiheitsberechtigte Mensch seinen individuellen Bedarf. Der Staat verzichtet darauf, einen Individualbedarf des Menschen bevormundend zu definieren. Jedenfalls hat der Sozialgesetzgeber das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG) grundsätzlich durch staatliche Geldzuwendungen verwirklicht, die dem Grunde nach jedem Inländer eine Teilhabe am Minimum der in der Rechtsgemeinschaft jeweils erreichten existenziellen, rechtlichen und kulturellen Lebensstandards sichern. Diese Existenzgewähr ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber. Die Sozialstandards in der Nachkriegslage 1949 waren grundlegend andere als die in der heutigen Kultur eines gesicherten Verfassungsstaates und eines leistungsfähigen Wirtschaftssystems. Der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch gegen den Staat garantiert dem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel. Fehlen diese einem Menschen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen, noch durch Zuwendung Dritter erhalten kann, ist der Staat im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür dem Hilfsbedürftigen zur Verfügung stehen. Dieses ist objektiv-rechtliche Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG und Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers. Der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich auf die für ein menschenwürdiges Dasein unbedingt erforderlichen Mittel, erfasst also sowohl die physische Existenz des Menschen - also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit -, als auch die Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Dieser Anspruch ist wegen der Verantwortlichkeit des Gesetzgebers für die Grundrechtsverwirklichung und für die Haushaltsrechtsfolgen der Geldleistungsansprüche durch Gesetz auszugestalten. Stets muss der gesetzliche Leistungsanspruch aber den „gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers“ decken. Das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) hält den Gesetzgeber an, die soziale Wirklichkeit des existenznotwendigen Bedarfs zeitgerecht und realitätsgerecht zu erfassen, die sich „in einer technisierten Informationsgesellschaft anders als früher darstellt“. Dieser Gestaltungsraum des Gesetzgebers hat zur Folge, dass das Bundesverfassungsgericht die einfachgesetzlichen Regelungen nur zurückhaltend kontrolliert und ausschließlich prüft, ob der Gesetzgeber das Ziel, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, in einer Art. 1 Abs. 1 GG gerecht werdenden Weise erfasst, er ein für dieses Ziel taugliches Berechnungsverfahren gewählt, die dafür erforderlichen Tatsachen im wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und er sich in allen Berechnungsschritten im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat. Das SGB XII und § 2 der Regelsatzverordnung ermitteln den existenznotwendigen Bedarf nicht wie das frühere Sozialhilferecht nach dem Warenkorbmodell, sondern nach dem verbrauchsbezogenen Ansatz des Statistikmodells. Dieses Statistikmodell sucht aus dem Ausgabeverhalten unterer Einkommensgruppen der Bevölkerung zu erkennen, welche Aufwendungen für das menschenwürdige Existenzminimum erforderlich sind. Diese Methode misst also die neben dem physischen Existenzminimum zusätzlich erforderlichen Aufwendungen zur Gewährleistung eines Minimums an gesellschaftlicher Teilhabe am tatsächlichen Ausgabeverhalten der betroffenen Menschen. Der individuelle Bedarf eines Hilfsbedürftigen kann in einzelnen Ausgabenpositionen vom durchschnittlichen Verbrauch abweichen. Innerhalb des Gesamtbetrages der Regelleistung wird aber ein überdurchschnittlicher Teilbedarf durch einen unterdurchschnittlichen Teilbedarf ausgeglichen. Diese Methode ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, mag diese empirische Ermittlung auch eher das dem Bedürftigen finanziell Mögliche als das Notwendige erfassen. Diese gesetzliche Konzeption eines auch den kulturellen Bedarf erfassenden, die Bedingungen einer modernen technisierten Informationsgesellschaft berücksichtigenden Existenzminimums sichert dem Inländer einen Geldleistungsanspruch, dessen Höhe auch den Zugang zu den Rundfunksendungen erschließt. Damit gewährleistete das Sozialrecht, dass sich jeder Mensch in Deutschland durch Zahlung eines Rundfunkbeitrags die Teilhabe an den Rundfunksendungen sichern kann. Der Gesetzgeber ist zur fortwährenden Überprüfung eines zeitnahen Existenzminimums verpflichtet, müsste deshalb auch eine Entwicklung der Rundfunkbeiträge in ihrer Auswirkung auf das Verbraucherverhalten in die Neubemessung der Regelsätze einbeziehen. Das Rundfunkbeitragsrecht könnte, muss aber deshalb keinen Ausnahmetatbestand für soziale Bedürftigkeit vorsehen. Das Erfordernis eines einfachen, die Privatsphäre schonenden Vollzugs legt nahe, die Beitragslast allgemein zu erheben, aber im Sozialrecht auszugleichen. In dem Statistikmodell erscheint die Erhöhung des Wohngeldes um den Rundfunkbeitrag geboten, weil dieses das tatsächliche Konsumverhalten erfasst, in diesem aber bisher eine Gebührenbefreiung üblich war. Der Gebührenanspruch der Rundfunkanstalten könnte dann im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Dauerschuldverhältnisse durch Quellenabzug beim Versicherungsträger durchgesetzt werden. 8. Der Übergang vom alten zum neuen Recht Der Übergang vom geräteabhängigen zum haushalts- und betriebsstättenbezogenen Rundfunkbeitrag braucht einen Stichtag - den 1. 1. eines Jahres -, von dem an der neue Beitrag gilt. Besondere Übergangshärten sind wegen Gleichbleibens von Belastungsgrundlage und Bemessungsgrundlage, Beitragsgläubiger und Beitragsschuldner, auch der Höhe des Beitrags nicht zu erwarten. Insoweit bedarf es keiner den Beitragsschuldner schonenden Übergänge. Allerdings hat der Staat die angemessene Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu garantieren. Dabei lassen sich die finanziellen Auswirkungen der Reform nur annähernd schätzen. Es bleibt ein Risiko jeder Wahrscheinlichkeitsrechnung bestehen. Damit läuft der Gesetzgeber Gefahr, entweder die ö.r. Rundfunkanstalten nicht hinreichend finanziell auszustatten, oder aber die Abgabepflichtigen zu überfordern. In diesem Zielkonflikt bietet schon das geltende Recht den Ausweg, den Rundfunkbeitrag so zu bemessen, dass er den Rundfunkanstalten verlässlich das Angemessene garantiert, diese Abgabenbemessung aber mit der - gesetzlichen und in der Autorität der Verhandlungsführer öffentlich bestätigten - Zusage zu verbinden, dass jeder Überertrag an die Beitragsschuldner zurückgegeben wird. Bleibt der Beitrag für die Haushalte gleich, stellt sich diese Frage nur für die Beitragsbelastung der Betriebsstätten, deren Staffelung neu definiert werden muss. Insoweit wäre der Vorbehalt eines Überertrages nur an diese Gruppe der Beitragsschuldner zu richten und nur für sie wirksam. II. Bedeutung der Abgabenkontinuität 1. Das Finanzsystem des deutschen Bundesstaates Der Übergang von dem geräteabhängigen Rundfunkbeitrag zum haushalts- und betriebsbezogenen Rundfunkbeitrag wahrt die Kontinuität der Abgabe, vermeidet damit neue Fragestellungen für den bundesstaatlichen Finanzausgleich und für das europäische Beihilferecht. Der bundesstaatliche Finanzausgleich fragt weniger nach der Belastungsgerechtigkeit, die eine Abgabe für die Abgabenschuldner begründet, sondern nach den Ertragswirkungen, die einen gerechten Ausgleich der Abgabenerträge zwischen Bund und Ländern (einschließlich Gemeinden) herstellen müssen. Deswegen regelt Art. 106 GG ein Ertragsverteilungssystem, das an die einzelnen Steuerarten anknüpft. Die Verteilung der Ertragshoheit für eine bestimmte Steuer enthält „die grundsätzliche verfassungsrechtliche Anerkennung einer bestimmten Steuer- oder Erhebungsart“. Das Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers ist jedoch nicht strikt an die in den Staatsorganisationsnormen des Grundgesetzes genannten Abgabearten gebunden, erlaubt insbesondere die - auch strukturverändernde - Weiterentwicklung der Abgabearten und auch den Wegfall einzelner Steuern. Die Straßengüterverkehrsteuer (Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG), die Gesellschaftsteuer (Kapitalverkehrsteuer i. S. d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 4 GG), die Wechselsteuer (Art. 106 Abs. 1 Nr. 4 GG) sowie die einmaligen Vermögensabgaben und Lastenausgleichsabgaben (Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG) sind ersatzlos abgeschafft worden. Die Vermögensteuer (Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG) wird nicht erhoben. Die Umsatzsteuer ist ohne Änderung des Verfassungstextes strukturell von der bis zum 31. 12. 1967 geltenden Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer zur Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug übergegangen. Der Tatbestand „Körperschaftsteuer“ (Art. 106 Abs. 3 GG) hat bei gleichbleibendem Verfassungstext den einfachgesetzlichen Übergang vom klassischen System der Doppelbelastung durch das Körperschaftsteuergesetz 1920223 zur Doppelbelastung mit einem gespaltenen Steuertarif erlebt (1953 - 1976), sodann die Vollanrechnung der Körperschaftsteuer auf die ausgeschütteten Gewinne, verknüpft mit einem ermäßigten Ausschüttungssteuersatz auf der Ebene der Körperschaften (1977 - 2000), schließlich - seit 1. 1. 2001 das Teileinkünfteverfahren mit Abgeltungsteuern zugelassen. Diese Gesetzesentwicklungen sind verfassungsrechtlich zulässig, solange sie keine wesentlichen Verwerfungen im Ertragsverteilungssystem des Art. 106 (primärer Finanzausgleich) verursachen, der nicht durch die flexible Verteilung der Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 3 Satz 3 und 4 GG) aufgefangen werden könnte. Die Gebühren und Beiträge sind in der Finanzverfassung des Grundgesetzes nicht geregelt. Erzielen sie jedoch beachtliche Erträge, könnten sie das Verteilungssystem des primären (Art. 106 GG) und sekundären Finanzausgleichs (Art. 107 GG) des Grundgesetzes berühren. Die Reform der Rundfunkgebühr ist jedoch auf Aufkommensneutralität angelegt. Sie soll den Rundfunkanstalten keine zusätzlichen Erträge zuweisen. Deswegen besteht keine Gefahr für die Ausgewogenheit des bundesstaatlichen Ertragssystems. Offen bleiben kann demnach auch, inwieweit Ertragsverschiebungen im Recht der Gebühren und Beiträge in finanzverfassungsrechtlichen Grenzen gebunden sind. 2. Europäisches Beihilferecht Der schonende Übergang vom geräteabhängigen Rundfunkbeitrag zum haushalts- und betriebsbezogenen Rundfunkbeitrag erübrigt auch europarechtliche Vorkehrungen. Für das europäische Beihilferecht allerdings sind nicht die Ertragswirkungen, sondern die Wettbewerbswirkungen rechtlich erheblich. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV unterliegt die Gewährung staatlicher oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen einem präventivem Verbot mit Genehmigungsvorbehalt. Eine Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Bestehende Beihilfen unterliegen nach Art. 108 Abs. 1 AEUV der repressiven Beihilfenaufsicht, neu eingeführte Beihilfen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV der präventiven Beihilfenaufsicht. Der EuGH225 legt den Beihilfetatbestand eng aus. Staatliche Mittel seien „Mittel, die ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen“. Dieses Tatbestandselement ist für den Rundfunkbeitrag schon konzeptionell nicht gegeben, weil dieser gerade auf Staatsfreiheit angelegt ist. Der - eher weit ausgelegte - Tatbestand der Wettbewerbsverfälschung und der Beeinträchtigung des grenzüberschreitenden Handels ist schon erfüllt, wenn eine Beihilfe „die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel“ verstärkt. Hier stellt sich die Frage nach der Qualifikation einer Kultureinrichtung, auch nach deren Zugehörigkeit zu Markt und Wettbewerb. Außerdem bleibt die Frage, ob der Rundfunkbeitrag überhaupt den Tatbestand der „Begünstigung“ erfüllt, wenn er als Entgeltabgabe ein Leistungsangebot entgilt, dieser individualisierende Leistungstausch also ein gleichwertiges Geben und Nehmen begründet. Jedenfalls ändert die Beitragsreform auch für diese Frage nichts. Schon die alte Rundfunk“gebühr“ hat das Rundfunkangebot entgolten. Dabei bleibt es. Die Kommission hat in ihrer Entscheidung vom 24. 4. 2007230 festgestellt, bei dem bisherigen Rundfunkbeitrag handele es sich um eine Beihilfe. Die Länder garantierten verfassungsrechtlich die Finanzierung des ö.r. Rundfunks, würden also zu Anspruchsgegnern der Rundfunkanstalten, sollte die Finanzierung nicht sichergestellt werden. Der Rundfunkbeitrag habe Zwangscharakter, die Art seiner Beitreibung, die gesetzliche Rechtsgrundlage und die Festlegung der Höhe des Rundfunkbeitrags sei hoheitlich geprägt. Zudem verfolge der Rundfunkbeitrag das Ziel der Finanzierung des ö.r. Auftrags der Rundfunkanstalten, sei also nicht Entgelt für Leistungen, welche die Rundfunkanstalten gegenüber den Beitragszahlern erbringen. Auch gewährleiste das gegenwärtige Finanzierungssystem nicht, dass der Rundfunkbeitrag im Rahmen eines Ausgleichs gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen bleibe. Demgegenüber hält die Bundesregierung an ihrer Auffassung fest, der Rundfunkbeitrag gewähre den ö.r. Rundfunkanstalten keinen „Vorteil“, werde im übrigen nicht „aus staatlichen Mitteln“ gewährt. Die Kommission behandelt die auf der Grundlage von Landesgesetzen und Staatsverträgen aus den Jahren 1948 - 1955 gestützten Rundfunkbeiträge als Altbeihilfen; nachfolgende, insbesondere durch Gründung des ZDF veranlasste Änderungen der Staatsverträge seien der Ursprungsregelung zuzurechnen, berührten im übrigen nicht den Kern der Maßnahme. Es gilt also die repressive Beihilfenaufsicht, nicht die präventive Beihilfenaufsicht mit einer Mitteilungspflicht des Mitgliedstaates. Die Kommission hat sogar die Umstellung einer Finanzierung des ö.r. Rundfunks auf eine Steuerfinanzierung, also auf unmittelbare Staatszuschüsse, in einem portugiesischen Fall und jüngst in einer Entscheidung vom 26. Januar 2010 zur Abkehr von dem Rundfunkbeitrag zugunsten einer unmittelbaren Staatsfinanzierung aus dem Staatshaushalt im Fall der Niederlande als bestehende Beihilfe qualifiziert. Der Übergang vom geräteabhängigen zum haushalts- und betriebsbezogenen Rundfunkbeitrag ist keine Änderung des bisherigen Systems, die den ursprünglichen Beitrag in seinem Kern beträfe, d. h. die Art des Vorteils oder der Finanzierungsquelle, das Ziel der Beihilfe, den Kreis der Begünstigten oder die Tätigkeitsbereiche der Begünstigten wesentlich veränderte. Die Neuregelung begründet eine Vorzugslast für denselben Vorteil (Leistungsangebot der Rundfunkanstalten), beansprucht die gleiche Finanzierungsquelle (die Finanzkraft der Rundfunknutzer und Gebührenschuldner), behält das Ziel der Finanzierung (die auftragsgemäße, Distanz zu Staat und Markt wahrende Finanzausstattung der Rundfunkanstalten) bei, lässt den Kreis der Abgabengläubiger (die Rundfunkanstalten) und deren Tätigkeitsbereich (den Rundfunkauftrag) schlechthin unberührt. Die Kontinuität des Beitrags in Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage, Belastungshöhe und Finanzwirkungen weist auch nach der Praxis der Kommission die Reform als „unwesentlich“ aus. Die geplante Änderung begründet keine notifizierungspflichtige neue Beihilfe. Im übrigen könnten diese Beihilfen unter der Voraussetzung des Art. 106 Abs. 2 oder 107 Abs. 3 d AEUV gerechtfertigt werden. Emp-Europäischen Kommission. Der behutsame Übergang der beabsichtigten Reform erübrigt somit finanzverfassungsrechtliche Fragestellungen und erleichtert die Einlassung der Bundesrepublik Deutschland in den europäischen Beihilfeverfahren. Außerdem vereinfacht die Behutsamkeit der Beitragskorrektur die öffentliche Darstellung des Reformvorhabens und die Aufnahme der Neuerungen durch Medien und Öffentlichkeit. Thesen I. Der Reformauftrag 1. Die gegenwärtige Finanzierung des ö.r. Rundfunks muss reformiert werden. Das Empfangsgerät moderner Technik ist nicht mehr raumgebunden, Hörfunk- und Fernsehempfang werden kaum noch in technischer Alternativität erlebt, ein leicht bewegliches Gerät lässt sich kaum mehr verlässlich einem Haushalt oder einem Gewerbetrieb zuordnen. Das Empfangsgerät ist ein ungeeigneter Anknüpfungspunkt, um die Nutzer des ö.r. Rundfunks tatbestandlich zu erfassen und die Nutzungsintensität sachgerecht zu unterscheiden. Wegen dieser fehlerhaften Bemessungsgrundlage erreicht die Rundfunkabgabe nicht mehr alle Rundfunkempfänger, gewöhnt viele - auch jugendliche - Menschen an die Illegalität, schafft Ungleichheit unter den Nutzern. Sie ist deshalb rechtstaatlich bedenklich. Wenn die Vollzugsmängel des gegenwärtigen Abgabenrechts die Intensität eines strukturellen Erhebungsdefizits erreichen, wird auch das materielle Recht verfassungswidrig. 2. Das Rundfunkangebot wendet sich an den Menschen. Auch der Abgabentatbestand muss deshalb grundsätzlich auf den Menschen, nicht das Empfangsgerät ausgerichtet werden. Wie die Kurtaxe auf den Kurgast, nicht die Zahl der von ihm am Kurort genutzten Sportgeräte ausgerichtet ist, der Erschließungsbeitrag den Anlieger, nicht dessen Kraftfahrzeuge belastet, so muss auch die Rundfunkabgabe einen Tatbestand des Nutzers, nicht des Empfangsgerätes bilden. Die unterschiedliche Nutzungsintensität kann ein gruppenbezogener Beitrag im Tatbestand des Haushalts (der Wohnung) und des Gewerbebetriebs ausgleichen und bei typisierender Betrachtungsweise diese Empfangsgemeinschaften mit einem einheitlichen Abgabensatz belasten. 3. Das Recht der Rundfunkfinanzierung sollte behutsam erneuert werden, um keine neuartigen Fragen des Europarechts zu veranlassen und die Aufnahme der Reform in der Öffentlichkeit zu erleichtern. Der Reformvorschlag verfolgt ein Gerechtigkeitsanliegen, soll nicht das Abgabeaufkommen steigern. Er verbleibt, wie das bisherige Recht, im Rahmen der Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge). 4. Das Rundfunkangebot ist eine „allgemein zugängliche Quelle“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), aus der sich grundsätzlich jeder unterrichten kann. Die verfassungsrechtlich gebotene markt- und staatsferne Finanzierung des ö.r. Rundfunks braucht deshalb einen in die Breite wirkenden, grundsätzlich jede - vermutete - Nutzung erfassenden Belastungstatbestand. 5. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) weist dem ö.r. Rundfunk die Aufgabe zu, unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation eine freie und umfassende Meinungsbildung - die Individualfreiheiten der Menschen ergänzend und verstärkend - zu gewährleisten. Die Rundfunkanstalten haben einen entwicklungsoffenen Versorgungsauftrag, der sich an die Allgemeinheit der Bevölkerung richtet, in der Freiheit vom Staat wahrgenommen werden muss und eine gegenseitige publizistische Konkurrenz von öffentlichem und privatem Rundfunk ermöglicht. Diesem Auftrag hat die Rundfunkfinanzierung die ökonomische Grundlage zu vermitteln. Die Rundfunkfinanzierung ist insoweit „geprägte Freiheit“. 6. Die Rundfunkfinanzierung ist programmneutral zu gestalten, so dass die Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten finanziell nicht verfremdet werden. Sie hat entsprechend dem allgemeinen Versorgungsauftrag ein allgemeines Rundfunkangebot an jedermann zu finanzieren. Der zu finanzierende Bedarf ist entsprechend der Rundfunkfreiheit zu definieren und auf das verfassungsrechtliche Recht der Abgabenzahler auf maßvolle und gleichmäßige Lasten abzustimmen. Maßstab der Rundfunkfinanzierung ist also ein besonderes Konnexitätsprinzip: Art und Verantwortlichkeit der Finanzierung folgt der Rundfunkaufgabe. Die Wahrnehmung der Rundfunkaufgaben und Rundfunkbefugnisse darf nicht durch die Macht des Geldes verfremdet werden. Das Geld übt eine dienende, keine herrschende Funktion aus. Der Gesetzgeber genügt diesen Anforderungen, wenn er die Rundfunkgesetzgebung von der Abgabengesetzgebung trennt, den Abgabentatbestand in einer Allgemeinheit von hoher Abstraktion regelt und sachfremde Einflüsse auf die Abgabenentscheidungen durch ein Verfahren zurückweist. II. Die verfassungsrechtlich gebotene Abgabenart 7. Zur Finanzierung des ö.r. Rundfunks steht das Instrument der Abgabe (Steuer, Sonderabgabe, Gebühr, Beitrag) zur Verfügung. Eine Steuerfinanzierung kommt nicht in Betracht. Eine Steuer ist die Gemeinlast, die der Staat allen Leistungsfähigen auferlegt, um die Staatsaufgaben (den Staatshaushalt) zu finanzieren. Der Steuerpflichtige empfängt für seine Zahlung keine Gegenleistung. Das Steueraufkommen wird jährlich in den Haushaltsplan eingestellt, steht also zur Entscheidung des Parlaments. Die Steuererträge dürfen grundsätzlich nicht außerhalb des Staatshaushaltes, damit außerhalb des Budgetrechts des Parlaments verwendet werden. Die Steuerhoheit der Gemeinden begründet keine Ausnahme, weil die Gemeinden (Gemeindeverbände) Teil der Staatsorganisation sind. Die Steuerhoheit der Kirchen beruht auf einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Garantie. Sollte eine Verfassungsänderung erwogen werden, um die Rundfunkanstalten aus Steuern zu finanzieren, berührte diese Verfassungsänderung Grundprinzipien der parlamentarischen Demokratie, das Budgetrecht als ein Elementarrecht des Parlaments. 8. Die Sonderabgabe bezeichnet die seltene Ausnahme einer Abgabe, deren Erträge außerhalb des Parlaments verwendet werden (Haushaltsflüchtigkeit), die den Steuerpflichtigen mit weiteren Zusatzlasten beschweren (gleichheitsrechtlicher Rechtfertigungsbedarf) und die außerhalb der Finanzverfassung des Grundgesetzes geregelt, erhoben und verwendet werden. Derartige Abgaben sind in ihrer Gruppennützigkeit und engen Zweckbindung an strenge verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden, dürfen zudem nur vorübergehend erhoben werden. Sie stehen zur Regelfinanzierung des Rundfunks nicht zur Verfügung. 9. Die Entgeltabgaben (Gebühren und Beiträge) gleichen einen finanziellen Aufwand aus, der dem Abgabenschuldner einen Vorteil bringt. Die Gebühr ist das Entgelt für eine ö.r. Leistung, die der Gebührenschuldner empfangen hat. Der Beitrag entgilt ein Leistungsangebot, das der Abgabenschuldner nutzen kann. Die Gebühr schöpft den Vorteil einer staatlich gewährten, individualdienlichen Leistung ab. Im Beitrag trägt der Begünstigte zur Finanzierung einer öffentlichen Einrichtung bei. Die Gebühr ist Leistungsentgelt, die Beitragsschuld entsteht bereits mit dem Leistungsangebot. Die Gebühr entgilt das Empfangen, der Beitrag das Empfangendürfen. 10. Die gegenwärtig erhobene Rundfunk“gebühr“ belastet das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts. Die Abgabepflicht entsteht auch dann, wenn mit dem Gerät tatsächlich ö.r.r Rundfunk nicht empfangen wird. Diese Rundfunkabgabe entgilt nicht eine tatsächlich entgegengenommene Leistung, sondern das in dem Rundfunkgerät annehmbare Leistungsangebot. Die Abgabe trägt zur Finanzierung des Rundfunks als Gesamtveranstaltung bei. Die sog. Rundfunkgebühr erfüllt damit alle Voraussetzungen des verfassungsrechtlichen Abgabetyps „Beitrag“. 11. Die Gesetzgebungszuständigkeit für den Rundfunkbeitrag folgt der Gesetzgebungskompetenz für das zugehörige Sachgebiet (Annexkompetenz). Für den Rundfunk liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern (Art. 70 Abs. 1 GG). Diese umfasst auch die Kompetenz zur Regelung der Rundfunkfinanzierung. Das Beitragsaufkommen darf von den Rundfunkanstalten autonom verwendet werden. Die Verwaltungskompetenz kann der Gesetzgeber den Rundfunkanstalten, bei einer Beitragserhebung nach strikter Legalität auch den Länderbehörden zuweisen. III. Die Ausgestaltung eines Rundfunkbeitrags 12. Der ö.r. Rundfunk ist durch einen Rundfunkbeitrag zu finanzieren, durch den alle Empfangsfähigen zur Finanzierung dieses Rundfunks beitragen. Dieser Beitrag entgilt nicht die empfangene Rundfunksendung, sondern das Nutzungsangebot. 13. Ein Beitrag muss im Abgabentatbestand wie in der Höhe des Abgabensatzes nach der zu finanzierenden Aufgabe bemessen werden. Bei der Ausgestaltung dieses Beitrags hat der Gesetzgeber die Vielfalt der Einzelfälle in einer allgemeinen Regel zu erfassen, die Norm auf die Normalität auszurichten, den Belastungstatbestand zu typisieren und die Abgabe der Höhe nach zu pauschalieren. Er hat diesen Beitragstatbestand auf die typische und übliche Nutzungsmöglichkeit abzustimmen und so verlässlich zu gestalten, dass der Beitragstatbestand grundsätzlich einsichtig ist, der Gesetzesvollzug praktikabel bleibt, die Abgabenlast unausweichlich ist und die Privatsphäre geschont wird. 14. Der bisherige geräteabhängige Rundfunkbeitrag genügt diesen Anforderungen nicht. Die tatbestandliche Anknüpfung an das Empfangsgerät erfasst heute den Tatbestand der typischen Nutzergemeinschaft von Haushalt und Betriebsstätte nicht mehr verlässlich. Während in den Gründerzeiten des Fernsehens ein Gerät die Nutzergemeinschaft in Haushalt und Betriebsstätte zusammenführte, trägt heute jedermann (????? G.W.) sein Rundfunk- und Fernsehgerät in seinem Handy oder PC mit sich. Die verfassungsrechtlich gebotene Reform gilt deshalb nicht dem Beitrag, der von den Haushaltungen und Gewerbebetrieben geschuldet wird, sondern dessen Ausgestaltung in dem formalen Tatbestand des Empfangsgerätes. 15. Die erneuerte Abgabe ist behutsam so zu bemessen, dass die vertraute Abgabe ersichtlich erhalten bleibt, deren Strukturfehler aber ebenso offensichtlich bereinigt wird. Deshalb sind (1.) Gläubiger (Rundfunkanstalten) und Schuldner (Haushaltungen und Gewerbetriebe) beizubehalten, (2.) der rechtfertigende Grund der Rundfunkabgabe - das allgemeine Angebot von Rundfunksendungen - zu bewahren, (3.) die Abgabenhöhe entsprechend der gewohnten Last zu bemessen, (4.) der Verfremdungstatbestand der Geräteabhängigkeit durch den Tatbestand des Haushalts (der Wohnung) und des Gewerbetriebs zu ersetzen und (5.) diese Erneuerung im Begriff des „Rundfunkbeitrags“ ins allgemeine Bewusstsein zu rücken. 16. Die Regelvermutung, jedermann werde grundsätzlich in Deutschland Rundfunk empfangen, berücksichtigt nicht die erheblich unterschiedliche Intensität, in der die einzelnen Empfänger der Rundfunksendungen das Hörfunk- und Fernsehangebot tatsächlich nutzen. Die unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten der Rundfunkteilnehmer lassen sich in einer einfachen, vollziehbaren, unausweichlichen und grundrechtschonenden Weise erfassen, wenn der Beitragstatbestand sich auf die Gruppe eines Privathaushaltes und einer Erwerbsgemeinschaft (Gewerbebetrieb) bezieht und nicht die Einzelperson des Rundfunkempfängers belastet. Der Privathaushalt ist die einzige soziale Gruppe, in der unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten sich begegnen und gegeneinander ausgleichen können. Auch die Zusammenarbeit in einem Unternehmen führt zu einer sozialen Gruppe, in der Menschen typischerweise Rundfunkprogramme empfangen. Allerdings müsste die Gebührenbelastung bei größeren Betriebsstätten je nach Intensität des Rundfunkempfangs abgestuft werden. 17. Das Rundfunkangebot muss auch für sozial Schwache in vollem Umfang erreichbar sein. Deswegen muss der Gesetzgeber entweder im Beitragsrecht einen Befreiungstatbestand vorsehen oder im Sozialrecht die staatlichen Geldleistungen so bemessen, dass der Rundfunkbeitrag aus diesen Zuwendungen finanziert werden kann. Das Erfordernis eines einfachen, die Privatsphäre schonenden Vollzugs legt nahe, die Beitragslast allgemein zu erheben, aber im Sozialrecht auszugleichen. 18. Persönliche Ausnahmen wegen ersichtlicher Empfangsunfähigkeit (Almhütte im Funkloch, lange Abwesenheit) sind notwendig, tatbestandlich aber eng zu begrenzen. Erwägenswert erscheint stattdessen auch ein Ausnahmetatbestand ersichtlicher Unbilligkeit, der exemplarisch veranschaulicht und begrenzt wird, dann aber jeweils eine Einzelfallentscheidung voraussetzt. 19. Dieser Rundfunkbeitrag folgt einem Konzept genereller, markt- und staatsunabhängiger Lastenverteilungsgerechtigkeit, betont damit die Unabhängigkeit der Rundfunkfinanzierung von der tatsächlichen Nutzung der einzelnen Sendungen (Quote), begründet die Beitragslast mit dem strukturellen Vorteil, den die Allgemeinheit und damit jedermann aus dem Wirken der ö.r. Rundfunkanstalten zieht. Dieses Belastungsprinzip ist folgerichtig verwirklicht, wenn der Rundfunk auf Werbeeinnahmen und Sponsoring bei Eigenproduktionen (Tauschgerechtigkeit) verzichtet, damit seine Unabhängigkeit von Privatwirtschaft und Markt deutlicher hervorhebt. Die Abgabenreform würde mit diesem - schrittweise und aufkommensneutral zu gestaltenden - Werbeverzicht ein deutliches Signal auch für die zukünftige Rundfunkpolitik und die ersichtliche kulturelle Identität des ö.r. Rundfunks setzen. Der ö.r. Rundfunk finanziert sich aus den Beiträgen aller, denen dieses Rundfunkangebot zugute kommt; der private Rundfunk finanziert sich aus Zahlungen der Privatwirtschaft. 20. Die Reform des Rundfunkbeitrags tauscht lediglich den Tatbestand des Empfangsgeräts gegen den Tatbestand des Haushalts und des Gewerbebetriebs aus. In dieser schonenden Korrektur gewinnt die Rundfunkfinanzierung eine neue Plausibilität, vermeidet Probleme mit dem europäischen Wettbewerbsrecht und sichert einem einsichtigen Belastungstatbestand einen einfachen und verlässlichen Vollzug.
Heidelberg, im April 2010 Paul Kirchhof Ende des Gutachtens Kurzkommentar zu diesem
Gutachten: 1. Dieses Auftrag-Gutachten spiegelt die vitalen Interessen der Rundfunkanstalten, denn sein Ersteller vertritt durchgehend die finanziellen Interessen seiner Auftraggeber. 2. Notwendig gewesen wäre ein ergänzendes Gegengutachten mit klugen Anti-Thesen. 3. Der Tatbestandstausch "Empfangsgeräte" gegen "Haushalte" ist unscharf und wird erst nach sachgerechter Ausformung annehmbar. 4. Ein einfacher und verlässlicher Vollzug rechtfertigt nicht die Regel "Eine Wohnung gleich ein Beitrag" 5. In 24 Millionen Mehrpersonenhaushalten ist die Regelung "Eine Wohnung gleich ein Beitrag" sehr willkommen, denn so können sich mehrere Personen einen Beitrag teilen. 6. In 16,5 Millionen 1-Personen-Haushalten ist keine Teilung möglich. Darum ist für diese Personen die Regel "Eine Wohnung gleich ein Beitrag" unakzeptabel. 7. Der Tatbestands-Tausch "Empfangsgerät" gegen "Haushalt" wäre nur akzeptabel, wenn die Beitragserhebung differenziert nach Haushalts- oder Gruppengrößen erfolgt. 8. Sinnvoller wäre demnach der Tatbestands-Tausch "Empfangsgerät" gegen "Person" oder "Personengruppe" 9. Wichtig: Dieses Gutachten verbietet nicht die Staffelung der Rundfunkbeiträge nach Personen, Personengruppen oder Haushaltsgrößen. 10. Folglich muss die Regel "Ein Beitrag pro Haushalt" willkürlich festgelegt worden sein. 11. Diese Willkürlichkeit missachtet das sachlich, rechtlich und sozial Tolerierbare und führt - weil wesentlich - zur Nichtigkeit des Rundfunkbeitragstaatsvertrags!!! 12. Denn es kann nicht sein, dass z.B. 5 Personen in einem Millionärshaushalt (allein davon gibt es über einer Million!) und eine Person in einer Einraumwohnung den gleichen Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro zahlen müssen. Diese Praxis ist nicht nur rechtswidrig - sie ist m.E. ein regelrechter "Idiotentest" für zig Millionen Betroffene. 13. Durch sinnvoll gestaffelte Beiträge könnte z.B. der Beitrag von Geringverdienern in 1-Personen-Haushalten von 17,98 auf 4 Euro / Monat (Extremfall!) gesenkt werden! Einkommen privater Haushalte
Auswertung dieser Tabelle: Dieser Unfug ist nicht zu rechtfertigen!!!
Er ist m. E. der wesentlichste Grund,
warum der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag von
Anfang an als nichtig betrachtet werden kann
(muss!). Denn unbestreitbare Tatsache ist doch: Von rund 67 Millionen Rundfunk-Teilnehmern sind durch die Verwechslung von Wohnungen mit Teilnehmern tatsächlich rund 27 Millionen Teilnehmer automatisch vom Rundfunkbeitrag befreit. Darauf stützt sich das Generalargument der Zahlungsverweigerer: "Entweder zahlen alle (jeder) oder keiner."
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